Pfarrer aus der Ukraine zu Gast im HJK Neustadt
„Die Menschen sind traumatisiert“

Der Ukrainer Andriy Delisandru ist griechisch-katholischer Pfarrer und zugleich Psychologe. | Foto: Quelle: Herz-Jesu-Kloster Neustadt
  • Der Ukrainer Andriy Delisandru ist griechisch-katholischer Pfarrer und zugleich Psychologe.
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Neustadt. Seit Montag, 4. April ist Pfr. Delisandru aus der Ukraine zu Gast im Herz-Jesu-Kloster Neustadt. Er ist auch Psychologe und hierher gekommen, um die Geflüchteten und ihre Gastgeber zu unterstützen.
„Viele Menschen aus der Ukraine, die jetzt hier in Deutschland sind, brauchen jemanden, mit dem sie reden können. Viele sind traumatisiert, in ihnen sind so viele verschiedene Emotionen. Da ist es auch wichtig, dass sie jemand anhört und ihre Sprache versteht.“ Das sagt Pfarrer Andriy Delisandru. Der Ukrainer ist griechisch-katholischer Pfarrer und zugleich Psychologe. Für zwei bis drei Wochen ist er nun in Deutschland, um den Geflüchteten aus seiner Heimat seelsorgerlich und psychologisch zur Seite zu stehen. Wenn der Bedarf entsprechend groß ist, wird er wiederkommen.
Der Kontakt zu Pfr. Delisandru entstand über Pater Ryszard Krupa SCJ. Der Rektor des Herz-Jesu-Klosters Maria Martental hat von mehreren Stellen gehört, dass psychologische Betreuung für die Geflüchteten dringend gebraucht wird. Die Organisation und Reisekosten übernimmt die deutsche Ordensprovinz der Herz-Jesu-Priester. Pfr. Delisandru spricht ukrainisch, polnisch und englisch.
Am Sonntag, 6. März verließ Pfr. Delisandru mit seiner Frau und seinen drei Kindern Lwiw. Die Stadt im Westen der Ukraine „ist bisher erst fünf oder sechs Mal beschossen worden“, erzählt er. Da sie im Moment noch nicht mitten im Kriegsgeschehen ist, ist hier die Drehscheibe und das Verteilzentrum für viele Hilfslieferungen für die ukrainische Bevölkerung. Mindestens 200.000 Menschen sind aus der Ostukraine in diese Stadt geflohen.
Trotz dieser relativen Sicherheit ging die Familie nach Polen, wo der Familienvater nun ukrainischen Flüchtlingen beiseite steht und zugleich darauf wartet, dass er eine wichtige Aufgabe übernehmen kann. Ein Aufenthalt in den USA, der ursprünglich einmal geplant war, ist bis auf weiteres verschoben.
„An die erste Nacht in Polen kann ich mich gut erinnern“, erzählt er – vor allem an den Anblick seiner Kinder, die erstmals wieder in Ruhe durchschlafen konnten. Er versteht sehr gut die widersprüchlichen Gefühle der Geflüchteten – weil es auch seine eigenen sind. „Wir sind froh, dass wir in Sicherheit sind. Gleichzeitig haben wir Angst um die, die zurückgeblieben sind, und wir fühlen uns schuldig, weil sie in Gefahr sind, während wir hier sind.“
Diese widersprüchlichen Gefühle führen auch zu Stimmungsschwankungen: „Die Menschen wollen in Sicherheit bleiben, aber sie wollen auch zurück zu Angehörigen und Freunden, in ihr eigenes Haus oder ihre eigene Wohnung, obwohl sie nicht einmal wissen, ob es die noch gibt.“
Auf der Fahrt von Polen nach Neustadt, seiner ersten Station in Deutschland, hat Pfr. Delisandru mitbekommen, wie eine ukrainische Frau telefonierte. Sie schien schlimme Nachrichten aus der Heimat bekommen zu haben. „Das bedrückt mich auch, obwohl ich sie gar nicht kannte. Es geht um Menschen, und es geht um meine Heimat“, sagt er.
Der Priester und Psychologe steht für Einzelgespräche zur Verfügung, aber auch für Treffen mit größeren Gruppen. „Es geht ums Zuhören, vielleicht darum gemeinsam Kaffee zu trinken, und über alles zu reden – nicht nur über den Krieg, aber auch“, sagt er. In diesen Begegnungen könne er auch nachspüren, ob die Menschen von ihren Erlebnissen, Ängsten oder Schuldgefühlen traumatisiert sind, und was sie brauchen.
Seine eigenen Kinder besuchen in Polen inzwischen die Schule. „Dabei geht es nicht darum, dass sie Bildung erhalten. Alle Eltern wollen im Moment nur, dass ihre Kinder sicher sind. Aber in der Schule erleben sie zumindest für einige Stunden Normalität und lernen andere Kinder kennen. Denn alle ihre Freunde haben sie erst einmal verloren, und auch Spielsachen oder andere Dinge, die ihnen wichtig waren, mussten sie zurücklassen.“
Den Menschen in Deutschland und Polen ist er sehr dankbar. „Sie öffnen uns das Herz, das spüren wir sehr wohl“, sagt er. Weil das für einige seiner Landsleute aber nicht ausreicht, ist er als Psychologe und Priester hier, um zu helfen.
Kontakt:
Termine und Telefonate mit Pfr. Andriy Delisandru können über das Kloster Neustadt, Brigitte Deiters, vereinbart werden: Telefon 06321 875405, 0176 405 99 331 oder brigitte.deiters@scj.de. cd/ps

Autor:

Christiane Diehl aus Neustadt/Weinstraße

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