Städte am Oberrhein erwarten 90 Hitzetage: Schwammstadt als Lösung im Bestand

Nach dem Schwammstadt-Prinzip geplante Siedlung in Texas | Foto: trongnguyen/stock.adobe.com
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Mainz/Ludwigshafen. Der Klimawandel in Städten am Oberrhein ist deutlich spürbar. Und die Zahl der Hitzetage steigt weiter. Nach dem Worst-Case-Szenario von aktuell auf 15 auf rund 90 pro Jahr bis 2060 in Städten wie Karlsruhe, Mainz, Ludwigshafen, Mannheim. Experten diskutierten Mitte November im Zentrum für Baukultur Lösungen aus Städtebau und Architektur, um Gebäude zu kühlen.

Von Julia Glöckner

Bereits heute sind 12 Millionen Menschen in Deutschland in Hitzespots extremer Hitze ausgesetzt. Besonders in stark verdichteten Vierteln nimmt der Beton an Hitzetagen die Wärme auf, strahlt sie zurück. So entsteht die charakteristische Dunstglocke über den Quartieren, die ihnen den Namen Hitzeinsel einbringt: Die warme Luft hängt wie eine Wolke über den Wohnsiedlungen, verhindert das Aufsteigen von Heißluft und damit das Nachströmen von Kaltluft aus dem Umland. In vielen Hitzeinseln halten sogenannte Hitzewellen lange an, definiert als mindestens drei Tage mit mehr als 30 Grad in Abwechslung mit Tropennächten. Sie werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten länger dauern und intensiver werden – zulasten unserer Gesundheit.

Denn Hitzewellen rauben den Schlaf, stören die Regeneration nach Hitzestrapazen am Tag, beeinträchtigen Leistungsfähigkeit, Positivität sowie das soziale Leben. Viele Menschen bleiben in ihren Wohnungen und begegnen sich weniger. Für Atemwegspatienten, Nierenkranke, Herz-Kreislauf-Patienten oder Kinder ist Hitze besonders gefährlich. In den Hitzejahren 2022, 2023, 2024 2018, 2019 und 2003 gab es zwischen 7.000 und 8.000 Hitzetote.

Schwammstadt gilt als tragfähige Lösung

Die Schwammstadt ist die vieldiskutierte Lösung, an der intensiv geforscht wird. Nach dem Schwammstadt-Konzept soll Regenwasser in den Städten zurückgehalten, gespeichert und auf Grünflächen umgeleitet werden. Damit steht es Bäumen und Pflanzen in Dürresommern bereit, von denen Deutschland 2025 den 6. in Folge erlebte. Die stärkere Begrünung, die so möglich wird, dient einerseits der Verschattung von Flächen und Gebäuden. Andererseits hat auch Photosynthese kühlende Effekte auf die Umgebung. Vor allem sorgt die Verdunstung von Wasser nachts dafür, dass die Hitze weicht.

Selbst Starkregen, der im Frühjahr sowie Sommer immer häufiger zu erwarten ist, lässt sich in Regenrückhaltebecken speichern, die das Wasser kontrolliert wieder abgeben können. Gründächer spielen bei der Speicherung und der langsamen Abgabe von Grauwasser eine wichtige Rolle. Grünfassaden dienen der Beschattung und Kühlung von Gebäuden.

Forschungsprojekt Urban Labs

Seit 2024 erforscht das Bundesinstitut für Raumforschung (BBSR), wie Städte Hitze in Gebäuden entgegenwirken können. Dabei verbinden die Wissenschaftler städtebauliche Lösungen mit Klimaanpassungen im Bestand. „Die Pilotstudien sollen neue Instrumente liefern, um die wassersensible, resiliente Stadt zu etablieren. Gleichzeitig geht es um die Weiterentwicklung bestehender Instrumente“, erklärt Bastian Wahler-Zak, Forscher im Projekt Urban Heat Labs. Am Ende sollen Prozessvorlagen für Verwaltungen und Planer stehen.

Pilotprojekte aus Berlin, Halle, Essen

Berlin Pankow testet bereits Cooling Points auf versiegelten Flächen des Mauerparks. Bislang arbeitet die Stadt mit Sonnensegeln und Pflanzenkübeln. Ab 2026 kommt zusätzlich Sprühnebel zum Einsatz, um Verdunstungskühlung zu simulieren. Anlagen, die Sprühnebel erzeugen, sowie Sonnensegel sind bereits Praxis in vielen Städten Südeuropas. Sie könnten eine Lösungen sein, wo Begrünung an seine Grenzen kommt.

Die Projekte beziehen die Bewohner bei der Planung und Umsetzung mit ein, um sie als Nutzer langfristig für die Verantwortung gegenüber der blau-grünen Infrastruktur zu gewinnen. Vor allem über die jeweiligen Wohnungsbaugesellschaften erreichen die Kommunen die Bürger. So auch in der Neuköllner High-Deck-Siedlung, wo verschattende Elemente, Flächengrün sowie Grauwasserrückhalt das denkmalgeschützte Denkmal aus Beton kühlen sollen.

Im 3,5 Hektar großen Essener Quartier Schlenhofstraße, das stark versiegelt ist und keine Frischluftschneisen hat, plant die Allbau Wohnungsbaugesellschaft 21 Gebäude energetisch zu sanieren. Dies soll mit Hitzevorsorge verschränkt werden. Im Ergebnis soll eine Blaupause für eine integrierte quartiersbezogene Hitzevorsorgestrategie entstehen.

Anhand von digitalen Zwillingen soll die Ermittlung von Erfolgsfaktoren gelingen. „Diese Tools können bestehende oder geplante Maßnahmen in der Umsetzung modellieren. Im Anschluss lässt sich ihre Wirksamkeit bewerten“, erklärt Wahler-Zak. Auf dieser Datengrundlage, wenn die KI mit ausreichend vielen Szenarien gefüttert wurde, lassen sich sinnvolle Maßnahmen für ähnliche Ausgangssituationen ableiten. „So erhalten wir Validität für künftige Planungen und wissen im Vorfeld, wie sich Maßnahmen auswirken und zusammenspielen“, erklärt Paul Grünebach, Leiter der Abteilung Klimaanpassung in Mainz.

Bäume machen Schatten, verdunsten über Photosynthese Wasser. Bei der Verwendung von Baumrigolen fördern sie die Verdunstung von Regenwasser. (Rotterdam 2025) | Foto: Julia Glöckner
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Breitenwirksame Kampagnen werden wichtiger

Die breite Bevölkerung und besonders die Immobilienbesitzer für den Hitzeschutz am Gebäude zu erreichen und motivieren, sei eine Kernaufgabe, sagte Wahler Zak. Heutige Maßnahmen wie das Pflanzen eines Baums, brauchen 20 bis 50 Jahre, um zu greifen „Wir versuchen Hitzeschutz und energetische Sanierung bei der Beratung zusammenzudenken“, erklärte LBS Landesvorständin Marion Mai. „In der Beratungspraxis steht aber immer noch Energiesparen im Vordergrund.“ Denn die Nachfrage nach energetischer Sanierung ist ungebrochen. "Hitzeschutz fällt in den Mühen des Alltags oft noch hinten runter", ergänzte Wahler-Zak. 

„Beim Hitzeschutz gilt es außerdem mehr über die viel promoteten Low Tech Lösungen nachzudenken. Viele Architekten arbeiten heute schon mit Lüftungsklappen, die Kaltluft nachziehen“, sagte Sonja Nagel, vom Architekturbüro Amunt. Weitere Lösungen wie Kamine, die Thermik nachziehen, adaptiert aus der Wüstenarchitektur, ließen sich an Universitäten entwickeln.

Der Betrieb von Klimaanlagen verschärft das Klimaproblem, die sich zudem nicht jeder leisten kann. „Der Neubau allein wird das Hitzeproblem nicht lösen“, warnte Wahler-Zak. „Viele Menschen wohnen in hochverdichteten Siedlungen. Für lebenswerte Quartiere gilt es also alle Potenziale am Bestand zu ermitteln.“jg

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Autor:

Julia Glöckner aus Ludwigshafen

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