Kirchheimbolanden: Barocker Terrassengarten erblüht allmählich in alter Pracht

Kirchheimbolanden: So soll der Barocke Terrassengarten einmal aussehen   | Foto: Jakob Appel Heilbronn
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Kirchheimbolanden. Der barocke Terrassengarten am Schloss in Kirchheimbolanden war vollkommen vergessen. Doch geübte Augen erkannten, dass zwischen Schloss und Ballhaus ein Kleinod schlummert. Seit 2008 wird der seltene Hanggarten Schritt für Schritt wieder hergestellt.

von Roland Kohls

In dem Wingert zwischen Schloss und Ballhaus wuchs Wein. Über die Stützmauern mit einem merkwürdigen halbrunden Einbau und das ungenutzte, zugewachsene Becken hinter dem Ballhaus hatte sich keiner Gedanken gemacht. In der Stadtchronik von 1968 ist zwar von Planungen für einen Terrassengarten in der Barockzeit an dieser Stelle die Rede, diese seien jedoch nie umgesetzt worden. Doch dann kamen Anfang der 2000er Jahre Experten aus Neubrandenburg, die einen Pflegeplan für den Schlossgarten für den damaligen Besitzer erstellten. Mit ihrem geschulten Blick werden fiel ihnen dieser benachbarte Weinberg - und vermuten darunter eine Besonderheit: ein terrassierter Hanggarten, wie es ihn nur selten in Deutschland gibt. So empfahlen sie 2005 der Stadt Kirchheimbolanden, der Sache nachzugehen. Eine erste Untersuchung mit einem Georadar, bei dem das Gelände mit elektromagnetischen Wellen untersucht wurde, bestätigten den Verdacht: unter dem Weinberg liegt ein einmaliges Kleinod - ein barocker Terrassengarten.

Der barocke Terrassengarten am Schloss von Kirchheimbolanden aus der Luft | Foto: Vermessungsbüro Buchholz Koblenz
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Barocker Terrassengarten in Kirchheimbolanden vielfach verändert

Der Terrassengarten aus der Mitte des 18. Jahrhunderts war vollkommen in Vergessenheit geraten und die Dokumente im Krieg verloren gegangen. Denn schon Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der von Wasserspielen durchzogene Garten verfüllt und zur landwirtschaftlichen Nutzung parzelliert.
Und auch bis dahin wurde der barocke Terrassengarten schon vielfach verändert, geschliffen und gerupft. Nachdem die Franzosen Schloss und Garten nach der Besetzung der Pfalz annektierten und 1807 versteigerten, hatte der neue Besitzer, der Großhändler Daniel von Andreae den Park umgestalten lassen. Auch der Terrassengarten wurde überformt, die Barockgestaltung blieb aber erkennbar. Die Stützmauer zwischen Lindenallee und erster Terrassenebene wurde bis zu den Fundamenten abgetragen. Die restlichen Stützmauern blieben ebenso erhalten, wie die halbrunde Nische in der oberen Stützmauer, die nun einen Bacchusstempel aufnahm. Doch die barocke Zentralanlage mit Springbrunnen, Kaskade und Auffangbecken wich einem Gewächshaus. Die viertelkreisförmig verlaufenden, beidseitigen Aufgänge und die obere Bassinebene blieb weitgehend in der barocken Form erhalten. Das Schloss hatte Graf Johann Ernst von Nassau-Weilburg ab 1706 errichtet und sein Sohn Fürst Carl August vollendet, der es zunächst zu seiner Sommerresidenz und später zur zweiten Landesresidenz machte - deshalb die „kleine Residenz“. Der älteste Plan vom Garten stammt aus dem Jahr 1749 und zeigt neben einem Lustgarten östlich des Schlosses und nördlich den Terrassengarten, der mit dem bereits geplanten und 1752/53 erbauten Ballhaus abschließt. Verantwortlich für den Garten war Hofgärtner Ludwig Wilhelm Koellner, der ab 1746 in Diensten des Hauses Nassau-Weilburg stand und ab 1757 für den pfälzischen Kurfürsten den Schlossgarten in Schwetzingen gestaltete.
Nach dem Tod von Carl August 1753 blieben Schloss und Garten lange ungenutzt, da sein Sohn Carl-Christian in den Niederlanden lebte, wo er 1780 auch die Prinzessin Caroline von Nassau-Dietz heiratete, eine Enkelin des englischen Königs Georg II.. Das Paar wählte ab 1769/70 Kirchheimbolanden als dauerhaften Wohnsitz und gestaltete den Schlossgarten im neuen englischen Stil als Landschaftsgarten um. Das war auch die Zeit, als beispielsweise Mozart in Kirchheimbolanden zu Gast war.

Barocker Terrassengarten in Kirchheimbolanden wird wieder hergestellt

Der barocke Terrassengarten in Kirchheimbolanden zu Beginn der Arbeiten. Ober ist noch der Weinberg | Foto: Silvia Heilmann
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Die erste Maßnahme zur Wiederherstellung des barocken Terrassengartens war die Errichtung der im späten 18. Jahrhundert bei der Umgestaltung des Barockgartens zum Landschaftsgarten niedergelegte, rund hundert Meter lange Terrassenmauer mit Zugangstreppe. 2010 fand man hinter einer Trockenmauer aus Bruchsteinen und wiederverwendeten Steinen die Reste der Grotte - das Herzstücks des Gartens. Ukrainische Steinmetze, die mit einem internationales Austauschprogramm mit der Meisterschule in Kaiserslautern in die Pfalz kamen, schufen Treppenstufen und viele andere Teile nach dem Vorbild der vorgefundenen Teile und der weiterverwendeten Steine und bauten sie ein.
Eine weitere Etappe war die Fertigstellung eines ersten Abschnitts der Lindenallee 2019. Da fehlten noch die Absturzsicherungen durch Baluster. 219 Baluster aus Gusseisen, Lehnen und Handläufe wurden hier produziert und montiert, so dass die Lindenallee 2022 fertiggestellt wurde. Weitere 278 Baluster wurden auf der ersten Terrassenebene montiert.
Für die 20 Linden für die Allee wie für die Baluster wurden Patenschaften vergeben, um einen Teil der Finanzierung zu sichern. Denn die Stadt ist mit der Finanzierung weitgehend auf sich gestellt und ist auf diese Art des Sponsorings angewiesen. Das nächste Ziel ist die Fertigstellung der ersten Terrassenebene. Ein ferneres Ziel sind die Wasserkaskaden, die 2018 in recht gutem Zustand gefunden wurden.

Sponsoren für den Garten

Wer eine Patenschaft für Einrichtungen des Gartens übernehmen will, wendet sich an die Verwaltung der Stadt Kirchheimbolanden.

Autor:

Roland Kohls aus Ludwigshafen

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