Isolde Vogel spendet Trost:
Trauerredner – was ist das eigentlich?

Waghäusel. Es gibt sie immer öfter, nicht nur in den Großstädten: die Trauerredner. Sie gestalten nichtreligiöse Trauerfeiern und übernehmen die sonst übliche Rolle der Geistlichen.
Auch diese Veränderung gehört zum weiten Bereich der Kultur. Deshalb hat der neue Kulturverein „Kulturfreude“ ein Gespräch mit der Trauerrednerin Isolde Vogel aus Wiesental geführt:

Wie kommt man dazu, Trauerrednerin zu werden?

Isolde Vogel: Nun, angefangen hat es damit, dass ich als Diplom-Übersetzerin mehrmals angefragt wurde, bei kirchlichen Trauerfeiern für ausländische Verstorbene Gebete und Liedblätter in deren jeweilige Muttersprache zu übersetzen und vorzutragen, da Angehörige aus dem Ausland teilnahmen, die kein Deutsch verstanden.
Diese wurden somit in die Lage versetzt, auch inhaltlich der Feier zu folgen. Hier als eine Art Brücke zwischen Menschen fungieren zu können fand ich sehr befriedigend.
Nach diesen ersten Berührungspunkten ist dann mein inneres Bedürfnis, Menschen in Trauersituationen zu begleiten, immer mehr gewachsen. Schon in der Schule liebte ich es, Texte zu schreiben und vorzutragen.
Auch im Erwachsenenalter hat sich das fortgesetzt.

Kann man das so ohne Weiteres?

Isolde Vogel: Ich hatte schon immer eine Affinität zu Friedhöfen: Auf jeder Reise gehört der Besuch des örtlichen Friedhofs mit dazu.
Es zeigt, wie unterschiedlich mit dem Thema Tod umgegangen wird – und das sagt ja auch viel über die Kultur einer Gesellschaft oder Region aus.

Welche Voraussetzungen sind notwendig?
Isolde Vogel: Grundlegend sind vor allen Dingen Empathie und Unvoreingenommenheit sowie ein Gespür für Sprache. Stimme, Aussprache und Ausdruck müssen permanent trainiert werden.
Mit 20 hätte ich diese Tätigkeit noch nicht ausüben können, denn es gehört auch ein gewisses Maß an Lebenserfahrung dazu.
Trauerrednerin ist kein Ausbildungsberuf. Es gibt jedoch die Möglichkeit, entsprechende Kurse zu belegen und mit einem Zertifikat abzuschließen.

Was erwarten die Angehörigen von dir bei der Trauerfeier?

Isolde Vogel: Ich würde sagen: eine Art professionelle Nähe. Verbindlichkeit, Herzlichkeit, Trost. Auf ruhige Art Sicherheit geben und begleiten.
Kürzlich durfte ich in einem Friedwald den Abschied und das Leben eines Menschen feiern, der Betreiber einer Kleinkunstbühne gewesen war mit reichlich Kontakt zu Bands aus dem englischsprachigen Raum.
Vor allem hatte er schottische und irische Musik geliebt. So bot es sich an, zu einem eigens vorbereiteten Playback ein irisches Lied aus meinem Repertoire zu singen, das einen Sehnsuchtsort beschreibt.
Genau in dem Moment, als ich das Lied anstimmte, kam die Sonne durch die Wolken und hinterließ hübsche Lichtflecken auf dem Waldboden. Das war für alle sehr berührend.

Und die Folgerung?

Isolde Vogel: Damit will ich sagen, dass ich eine individuelle Verabschiedung für äußerst wichtig halte, denn jedes Leben ist einzigartig und sollte dementsprechend gewürdigt werden.
Dafür bin ich bereit, immer einen Schritt weiter zu gehen. Ich lasse mich auch auf unkonventionelle Formen der Verabschiedung ein – vieles ist möglich!

Wie belastend ist die Tätigkeit?

Isolde Vogel: Belastend würde ich es nicht nennen. Es beschäftigt einen schon. Man wird für eine kurze, jedoch sehr intensive Zeit Teil einer bislang fremden Familie und lernt die Biografie des Verstorbenen mit all ihren Höhen und Tiefen kennen.
Die trauernden Angehörigen bringen mir jedoch unendlich viel an Vertrauen, Dankbarkeit und Wertschätzung entgegen. Das ist unbezahlbar.

Vielen Dank.

Weitere Informationen unter www.trauer-vogel.de
Foto: © Emilia Steiner

Autor:

Werner Schmidhuber aus Waghäusel

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