Veranstaltung zum Frauentag
Mit Bildern gegen den Paragraphen 218

Soziale Not durch viele Kinder, Todesfälle durch illegale Abtreibungen, die Auseinandersetzung mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch im Lauf der Geschichte zeigt eine Geschichte von schweren Belastungen und harter gesellschaftlicher Diskussion. Hierüber sprachen am vergangenen Dienstag Abend die Teilnehmerinnen einer Veranstaltung zum Internationalen Frauentag. „Mit Bildern gegen den Paragraphen 218“ war der Titel des Abends im Frauenzentrum Neustadt.
Zu Beginn der Veranstaltung präsentierte die Dortmunder Kunsthistorikerin Astrid Petermeier Skizzen, Plakate und Gemälde mit Bezug zum Paragraphen 218 aus den vergangenen 150 Jahren. Bei dieser eindrucksvollen Reise durch die Zeit zeigten Zeichnungen von Käthe Kollwitz und Heinrich Zille Frauen der Arbeiterschicht, die durch zu viele Schwangerschaften bereits mit Mitte 40 ausgemergelte Gestalten waren. Es wurde deutlich, wie sehr Frauen und deren Kinder unter Hunger litten, wie groß das soziale und menschliche Elend durch das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen und durch fehlende Verhütung war.

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts bis heute habe sich in Sachen Selbstbestimmungsrecht der Frauen über ihren Körper wenig getan, fasste Claudia Dorka vom „Damenkollektiv Neustadt“ den Vortrag zusammen. „Eigentlich ist dem nichts mehr hinzuzufügen und es könnten jetzt auch alle aufstehen und gehen.“, so Dorka, die den Abend moderierte. Doch so einfach wollten und konnten es sich die Podiumsgäste und die Moderatorin nicht machen. Und nahmen die aktuelle Situation und Faktenlage genau unter die Lupe.

So entspann sich eine lebhafte Diskussion zwischen den anwesenden Fachfrauen:
Amra Rapp-Ibrasimovic, Leiterin des Frauenzentrums, Pia Hardt, Geschäftsführerin von „pro familia“ Ludwigshafen, Astrid Petermeier, Kunsthistorikerin & Mitbegründerin des „Frauenarchivs Bochum“ sowie Moderatorin Claudia Dorka vom „Damenkollektiv Neustadt“.

Dabei wurde viel Hintergrundinformation vermittelt. Wer weiß schon, dass die katholische Kirche in der Renaissance Abtreibung als völlig legal betrachtete, dass das Bundesverfassungsgericht noch in den 1990er Jahren gesetzliche Liberalisierungsversuche durch die Politik für verfassungswidrig erklärte. Oder dass die jetzige Fassung des Paragraphen 218 internationalem Recht widerspricht, dass illegal durchgeführte Schwangerschaftsabbrüche zu weltweit über 22.000 Sterbefällen jährlich führen, oder dass Studierende der Medizin sich während des gesamten Studiums gerade mal zehn Minuten mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch befassen müssen oder können?

Die Fachfrauen berichteten aus ihrer täglichen Praxis und räumten dabei mit einigen Mythen auf. Es sei keineswegs so, dass die Mehrzahl der unerwünschten Schwangerschaften auf schlampige Verhütung zurückzuführen sei oder dass die Mehrzahl der Frauen nach einem Schwangerschaftsabbruch zwangsläufig in eine Depression gerieten. Eine gute Beratung und Begleitung der Schwangeren sei der beste Garant, dies zu vermeiden.

Die Reformbedürftigkeit des § 218 stellten alle deutlich heraus. Wichtig sei, den Paragraphen aus dem Strafgesetzbuch zu entfernen und durch eine andere Regelung zu ersetzen. Vor allem sie die Kriminalisierung des Abbruchs zu beenden und die Pflicht zur Beratung in ein Recht auf Beratung umzuwandeln. Auf lange Sicht gelte es, eine bessere Bildung und Ausbildung für eine positive gesellschaftliche Entwicklung und eine dringend notwendige Enttabuisierung zu erreichen.
Schließlich sei die Forderung, sich gemeinsam und vehement gegen die stete Gefahr der Entmündigung der Frauen zu stellen, wie sie die Rechten Gruppierungen weltweit fordern, fördern und - siehe USA - auch durchsetzen, waren sich die Teilnehmerinnen des Abends einig.

Weitere Informationen zum Vortrag siehe: http://www.astrid-petermeier.de/

Autor:

Andreas Böhringer aus Neustadt/Weinstraße

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