Sport
Rückblicke in die Radsportgeschichte
- Titelseite
- Foto: Verlag "Radsport"
- hochgeladen von Rudi Birkmeyer
Über Rudi Altig habe ich eine Reportage aus dem Radsportmagazin vom November 1970 auf Facebook eingestellt. Hier meine persönlichen Erlebnisse mit dem Radweltmeister und späteren Bundestrainer:
[b]
1. Rudi Altig war mein Idol.
[/b] Nicht nur wegen seiner Siege, seiner Kraft oder seines Namens im internationalen Radsport – sondern wegen seiner Menschlichkeit.
1971, beim Sichtungsrennen für Olympia auf dem Münchner Olympiakurs. 170 Kilometer. Ein hartes Rennen. Ich wurde hoffnungslos abgehängt, kämpfte allein weiter, völlig leer, Kilometer um Kilometer. Als ich ewig lange nach der Spitzengruppe, total KO, ins Ziel kam, war da kein Jubel mehr – nur Erschöpfung.
Und dann geschah etwas, das ich nie vergessen habe:
Rudi Altig beugte sich im Ziel zu mir. Er tröstete mich. Er sprach mir Mut zu.
Ein Champion, der nicht nach unten tritt, sondern sich hinunterbeugt. Der den sieht, der nicht gewonnen hat, aber gekämpft hat.
Auf einem einsamen Bauernhof unterwegs war ich zuvor mit Getränken und Essen versorgt worden – auch das gehört zu diesem Tag: fremde Menschen, einfache Hilfe, echtes Mitgefühl. Genau so, wie Rudi Altig es im Ziel gezeigt hat.
Diese kurze Begegnung hat mehr hinterlassen als jede Platzierung. Sie hat mir gezeigt, was Größe wirklich bedeutet: nicht nur stark zu sein, sondern menschlich zu bleiben.
Dafür bleibt Rudi Altig für mich unvergessen.
2. Essingen 1968 – Eine Stimme am Streckenrand
Zu dem Bericht „Auf Altigs Spuren“ über meinen Sieg 1968 in Essingen gehört für mich vor allem ein Moment, der bis heute geblieben ist.
Mein Vater Alois war damals dabei. In der letzten Runde stand er etwa 1500 Meter vor dem Ziel. Vorne fuhr eine rund 20-köpfige Spitzengruppe – mittendrin ich. Als ich vorbeikam, hörte ich seine Stimme. Er war aufgeregt, voller Hoffnung, fast ein wenig ungeduldig:
„Du musst weiter vor!“
Ich wusste genau, was er meinte. Und doch hatte ich meinen eigenen Plan. Ich blieb ruhig, hielt mich zurück und wartete. Etwa einen Kilometer vor dem Ziel griff ich von hinten an. Die kurze Abfahrt nutzte ich, um Schwung zu holen. Es fühlte sich richtig an – alles ging auf.
Unten hatte ich einen kleinen Vorsprung. Nicht groß, aber groß genug. Die kurvige Zielzufahrt kam mir entgegen, sie spielte mir in die Karten. Ich zog durch, bis zur Ziellinie.
Als mein Vater schließlich über eine Abkürzung ins Ziel kam, war alles schon entschieden. Mir wurde gerade der Siegerkranz umgehängt. Wir sahen uns an – und in diesem Blick lag mehr als Worte sagen konnten: Stolz, Erleichterung, Freude. Und vielleicht auch das leise Eingeständnis, dass der Sohn seinen eigenen Weg gegangen war.
Der erste Preis war übrigens ganz bodenständig: 20 Flaschen Wein – für einen 16-Jährigen eher ungewöhnlich. Getrunken habe ich sie natürlich nicht. Aber sie fanden trotzdem ihren Zweck: Ich konnte den Wein gegen gutes Geld an unseren Nachbarn verkaufen. Auch das gehörte zu diesem Sieg.
Autor:Rudi Birkmeyer aus Offenbach |
|
| Rudi Birkmeyer auf Facebook | |
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.