Kommunalpolitik in Zeiten von Corona - im Gespräch mit Bürgermeisterin Ilona Volk
"Für die Coronakrise braucht es eine gehörige Portion Improvisationstalent"

Bürgermeisterin Ilona Volk | Foto: Stadt Schifferstadt
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Schifferstadt. Mit dem Ausbruch des Coronavirus hat sich das Leben und der Alltag überall einschneidend verändert. Menschen sollen ihre Wohnungen nur noch im Notfall verlassen, dürfen Freunde nicht mehr treffen. Unternehmen schließen, verlieren Einnahmen müssen innerhalb weniger Tage neue Vermarktungsstrategien entwickelt. Aber auch die Politik hat mit den Auswirkungen von Corona zu kämpfen - plötzlich ergeben sich in der Verwaltung ganz neue Betätigungsfelder, persönliche Sprechstunden - und damit auch die Bürgernähe - fallen weg, Ratssitzungen können nur noch unter strengen Hygienevorgaben abgehalten werden. Gleichzeitig steigt gerade jetzt die Erwartung an die Politik: Bürger wünschen sich jetzt klare Vorgaben, unbürokratische Hilfen und vor allem auch Hoffnung.

"Wochenblatt"-Redakteurin Heike Schwitalla hat mit Kommunalpolitikern aus der Region über diese neue "Corona-Realität" gesprochen. Im Gespräch heute: Ilona Volk, Bürgermeisterin in Schifferstadt.

???: Wie hat sich die Arbeit in der Verwaltung in den letzten Wochen verändert?
Ilona Volk: Der Großteil der Mitarbeitenden ist weiterhin im Rathaus tätig, 25 ab dieser Woche im Homeoffice. Vorsichtshalber haben wir noch mehr mobile Hardware bestellt, sodass weitere Mitarbeitende bald ebenfalls von daheim aus arbeiten könnten.
Dank den bereits seit 2018 laufenden Modernisierungsmaßnahmen unserer IT-Infrastruktur und dem vorausschauenden Einsatz des IT-Referats, konnten die Mitarbeitenden innerhalb einer Woche sicher ins Homeoffice wechseln. Über die im vergangenen Jahr komplett erneuerte Telefonanlage sind diese Mitarbeitenden unter den gewohnten, dienstlichen Telefonnummern erreichbar.
Mit der Möglichkeit von zuhause aus zu arbeiten, möchten wir das Personal davor bewahren, auf zu engem Raum im Rathaus arbeiten zu müssen und so das interne Infektionsrisiko senken.
Zusätzlich haben wir die Arbeitszeiten flexibler gestaltet, sodass vor allem Mitarbeitende mit Kindern ihre Zeiten so absolvieren können, dass es für sie und ihr Familienleben passt. Hinzu kommen natürlich noch weitere Vorsichtsmaßnahmen, zum Beispiel sollen sich alle an den empfohlenen körperlichen Abstand halten.
Um zu vermeiden, dass die gesamte Stadtspitze krankheitsbedingt ausfällt, halten sich die Beigeordneten aktuell möglichst nicht im Rathaus auf. Nur zum Unterschreiben wichtiger Unterlagen kommen sie außerhalb der Öffnungszeiten her. Unser Kontakt läuft hauptsächlich und ehrlichgesagt auch sehr rege über Telefon und E-Mail. Absprachen, wie zum Beispiel bei der Frage, bis wann die städtischen Veranstaltungen abgesagt werden sollen, konnten problemlos und einstimmig per Mail mit den Fraktionsvorsitzenden und den beiden fraktionslosen Ratsmitgliedern getroffen werden.
Auch für die Bürger gilt: Die Stadtverwaltung ist weiterhin per E-Mail und Telefon erreichbar. Das ist uns ganz besonders wichtig – keiner soll sich in solchen Zeiten alleingelassen fühlen, ganz egal mit welchem Anliegen.

???:Gibt es eher mehr oder weniger Arbeit?
Ilona Volk: Das ist je nach Abteilung unterschiedlich – ein Teil der Mitarbeitende, wie zum Beispiel der Vollzugsdienst, hat durch die intensiven Kontrollen mehr Arbeit als üblich. Für andere fällt zum Beispiel der Bürgerkontakt im Rathaus durch die eingeschränkten Öffnungszeiten und damit zum Schutze aller weg. Diese Mitarbeitenden bereiten stattdessen Projekte vor oder arbeiten an Konzepten, andere unterstützen die Kollegen in den stark ausgelasteten Bereichen und wieder andere übernehmen neue Aufgaben.
In den Kindertagesstätten finden Notbetreuung für Kinder statt, deren Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten. Die Erzieherinnen und Erzieher wechseln sich ab – wer zuhause ist, erledigt verschiedene Aufgaben, verfasst zum Beispiel Lerngeschichten, stellt Bastelangebote für die Eltern zusammen oder arbeiten an der Konzeption ihrer Kita.
Im Jugendtreff ist der Bundesfreiwillige (Bufdi) halbtags mit Hausmeistertätigkeiten und Verschönerungsmaßnahmen an Gebäude und Außengelände beschäftigt. Ansonsten kümmern sich die Mitarbeitenden um den Entwurf eines Newsletters, die Planung von Veranstaltungen wie dem Freiwilligentag, Konzerten, Spieleabenden und Discos sowie eine Ideensammlung für das Jugendtrefffest in 2021.
Die Mitarbeiterinnen der Stadtbücherei sind wegen der anstehenden Umrüstung auf LED-Beleuchtung mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Zusätzlich koordinieren sie die ehrenamtlichen Helfer und Hilfsangebote über die eigens dafür eingerichtete Hotline.
Von unseren Bauprojekten, wie dem Kreuzplatz-Umbau oder der Errichtung von Pedelec- und E-Ladesäulen im Stadtgebiet, mussten wir bisher glücklicherweise keines aussetzen – es kann in Zukunft maximal zu Verzögerungen kommen.
Das Städtebauförderprogramm „Soziale Stadt“ lebt von einer aktiven Bürgerbeteiligung. Einen Workshop im Mai zur Umgestaltung Bahnhofsvorplatzes mussten wir vorerst auf unbekannte Zeit verschieben, da wir die Bürger sowie unsere Mitarbeitenden zurzeit keinem erhöhten Infektionsrisiko durch ein größeres Treffen aussetzen möchten. Beim Mobilitätskonzept planen wir eine Besprechung mit den ehrenamtlichen Beauftragten, können diese aber momentan noch nicht durchführen. Die täglichen Aufgaben, zum Beispiel die Bearbeitung von Bebauungsplänen für die Innenstadt, Verfügungsfonds für das Städtebauförderprogramm „Soziale Stadt“ und Bauanträgen, erledigen die Mitarbeitenden des Bauamts weiterhin wie gewohnt – wann immer möglich via Telefon und E-Mail.
Dank den bereits seit 2018 laufenden Modernisierungsmaßnahmen unserer IT-Infrastruktur und dem vorausschauenden Einsatz des IT-Referats, konnten viele Mitarbeitende innerhalb kürzester Zeit sicher ins Homeoffice wechseln. Zusätzlichen bemühen sich viele Referate darum, in einer Art Schichtsystem zu arbeiten, damit möglichst wenige Mitarbeitende gleichzeitig im Rathaus sind. Das sowie die Bestellung und Koordination von weiterer mobiler Hardware erfordert viel Planung und durchdachte Organisation. Schließlich ist es uns wichtig, dass sich Arbeit, Freizeit und natürlich auch die Kinderbetreuung für alle Mitarbeitenden gut in Einklang bringen lässt.
Da wir die Bürger schnell und transparent auf dem Laufenden halten wollen, aktualisieren wir sowohl unsere Website www.schifferstadt.de als auch die städtische Facebook-Seite „Schifferstadt – meine Stadt“ täglich.
Ich bin sehr dankbar für mein tolles Team hier im Rathaus, in den Schulen, Kitas, der Stadtbücherei und bei den Stadtwerken: Gemeinsam finden wir immer eine Lösung für auftauchende Probleme und können so auch den  Bürgern weiterhelfen.Telefonische Helfer-Hotline der Stadtverwaltung: 01718171493 (Montag bis Freitag, 9 bis 12 Uhr)

???:Was sind jetzt die wichtigsten Aufgaben während der Corona-Krise?
Ilona Volk: Wenn Sie dabei jetzt speziell die Stadtverwaltung meinen, dann würde ich sagen, dass es weniger auf die Wichtigkeit der Aufgaben ankommt, als vielmehr auf die Wichtigkeit der einzelnen Personen. Ich bin dankbar für jeden, der dazu beiträgt, die Arbeit der Stadtverwaltung aufrechtzuerhalten und weiterhin Ansprechpartner für die Bürger zu sein.
Ob das jetzt das IT-Referat ist, dank dem einige unserer Mitarbeitenden schnell und unkompliziert ins sichere Homeoffice wechseln konnten, der Bürgerservice, wo jetzt viel am Telefon, per E-Mail und mithilfe der gerade frisch angelieferten „Spuckschutzscheiben“ in dringenden Fällen auch wieder persönlich erledigt werden kann oder der Vollzugsdienst, dessen regelmäßige Kontrollen für die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger wichtig sind – jeder einzelne Mitarbeitende bringt sich ein und geht, wenn nötig, an seine Grenzen.
Die Stadtverwaltung, unser Eigenbetrieb, die Stadtwerke, sowie unsere Kindertagesstätten zeigen sich gerade jetzt sehr flexibel, die Mitarbeitenden springen ein, wo es nötig ist, und halten so den Betrieb am Laufen. Darauf bin ich sehr stolz!
Aber nicht nur bei Verwaltung geben die Menschen ihr bestes: Vom Einkaufsservice, über das Basteln von Ostergeschenken für Senioren bis hin zum Angebot von kleinen Reparaturen – was alle Schifferstadter eint, ist das Engagement und der Einsatz füreinander. Der Wunsch anderen zu helfen, hat bei uns schon immer einen hohen Stellenwert eingenommen – jetzt wird noch viel mehr darüber gesprochen und gehandelt. Das freut mich riesig! Danke an dieser Stelle allen Helferinnen und Helfern!
Neben der großen Sorge um die Gesundheit, die Einsamkeit und Not vieler Menschen, sehe ich natürlich auch die riesige Herausforderung für die Wirtschaft. Hier hoffen wir mit der zinslosen Stundung von lokalen Steuerforderungen, vor allem bei der Gewerbesteuer, wenigstens eine kleine Stütze für die  Unternehmern sein zu können. Darüber hinaus hat die Bundesregierung das größte Hilfspaket der Geschichte der Bundesrepublik auf den Weg gebracht. Ich hoffe sehr, dass dieser sogenannte „Corona-Schutzschild“ greift und natürlich auch, dass die Geschäfte bald wieder und für alle sicher öffnen können.

???: Ohne die Möglichkeit des direkten Kontakts, wie bleiben Sie mit den Bürgern in Kontakt? Nutzen Sie das auch soziale Netzwerke – wenn ja welche?
Ilona Volk: Die Einschränkung der Rathaus-Öffnungszeiten ist eine Maßnahme zum Schutz unserer Mitarbeitenden, aber auch zum Schutz für Bürger. Zur Abholung von Müll- und Wertstoffsäcken und für zuvor telefonisch vereinbarte Termine ist das Rathaus Montag bis Freitag von 8:30 bis 12 Uhr sowie dienstags und donnerstags zusätzlich von 14 bis 16 Uhr geöffnet. An dieser Stelle möchte ich auch nochmal an alle Leser appellieren: Bitte rufen Sie im Rathaus an oder schreiben Sie eine E-Mail, anstatt persönlich vorbeizukommen. Für dringende und nicht aufschiebbare Angelegenheiten können Termine vereinbart und Unterlagen auf postalischem Weg oder per E-Mail eingereicht werden.
Für diejenigen Termine, die wir persönlich wahrnehmen müssen, sind in der vergangenen Woche so genannte „Spuckschutzscheiben“ eingetroffen. Die sollen dann teilweise fest installiert, teilweise mobil genutzt werden, um Tröpfcheninfektionen zu verhindern. Als weitere Maßnahme sind wir aktuell bemüht, mithilfe von engagierten Bürgerinnen Stoffmasken für diejenigen unserer Mitarbeitenden nähen zu lassen, die wegen ihrer Arbeit weiterhin viele Kontakte zu anderen haben, zum Beispiel in Kitas, im Vollzugsdienst oder am Empfang. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle fleißige Näherinnen und Näher in ganz Schifferstadt, die inzwischen u.a. das Caritas-Altenzentrum St. Bonifatius mit Stoffmasken ausgestattet haben!
Selbstverständlich sind wir alle weiterhin per E-Mail und Telefon für die Bürger erreichbar. Das ist uns ganz besonders wichtig – keiner soll sich in solchen Zeiten alleingelassen fühlen, ganz egal mit welchem Anliegen. Auf unserer Website sowie über unsere städtische Facebook-Seite veröffentlichen wir täglich wichtige Updates, zum Beispiel die Fallzahlen, also die Anzahl Infizierter und in Quarantäne befindlichen Personen in Schifferstadt. Um Helfer und Hilfesuchende zusammenzubringen, haben wir darüber hinaus die Facebook-Gruppe „Schifferstadter für Schifferstadter“ ins Leben gerufen. Hier haben sich in kürzester Zeit knapp 900 Personen zusammengefunden.
Es ist toll zu sehen, wie sich die Schifferstadter füreinander einsetzen: Von Einkaufen über Gassi gehen bis hin zum Nähen von Stoffmasken – jeder, der kann, bietet seine Zeit und Hilfe an. Wir als Stadt leiten die Helfer an die in Schifferstadt aktiven Organisationen, wie das Deutsche Rote Kreuz, weiter, beantworten Fragen und geben, wann immer möglich, Auskunft.
Eine Schifferstadterin zum Beispiel kleine Ostergrüße aus verzierten Eiern und Schokoladen-Marienkäfern gebastelt und über die Facebook-Gruppe Kontakte zu Pflegeheimen gesucht und innerhalb von Minuten bekommen. Ein Tierarzt koordiniert darüber Tierbetreuungen, wenn Herrchen oder Frauchen ins Krankenhaus müssen. All diese Bemühungen rühren mich sehr, denn ich denke in dieser schwierigen Zeit ganz besonders an die Menschen, die alleine oder in Behinderteneinrichtungen leben oder auch die Senioren und Vorerkrankten, die das Haus nicht verlassen sollten, um sich und andere zu schützen. Es macht mich unglaublich traurig, dass ihnen momentan die Freude, die durch Besuche und Treffen mit Angehörigen und Freunden entsteht, verwehrt bleibt.
Deshalb macht es mich umso stolzer, wenn ich das einzigartige Miteinander sehe, das wir hier in Schifferstadt pflegen. Wir passen aufeinander auf, sind füreinander da – das geht auch auf die Entfernung – und werden auch aus dieser herausfordernden Situation gestärkt hervorgehen.

???:Und was sind die Aufgaben einer Bürgermeisterin in dieser Situation? Sind Sie Vorbild, sind Sie Mutmacher? Koordinator? Mahner? Wie sehen Sie ihre Rolle?
Ilona Volk: Ich versuche natürlich alles in einem zu sein, aber ich bin auch nur ein Mensch. Auch mir fehlen die sozialen Kontakte, die Vereinsausstellungen, die Treffen im Eiscafé, die Unterhaltungen mit Bürgern auf der Straße. Nichts kann echtes Gemeinschaftsleben ersetzen, aber eins steht einfach über allem: Die Gesundheit.
Mit den Beigeordneten bin ich in ständigem Kontakt – nach Möglichkeit via Telefon und E-Mail. Absprachen, wie zum Beispiel bei der Frage, bis wann die städtischen Veranstaltungen abgesagt werden sollen, konnten problemlos und einstimmig per Mail mit den Fraktionsvorsitzenden und den beiden fraktionslosen Ratsmitgliedern getroffen werden. Politische Gremien tagen nur, wenn die zu besprechenden Punkte nicht aufschiebbar sind – schließlich geht auch hier der Schutz aller Beteiligten vor. Wichtig ist mir vor allen Dingen, dass die gewählten Stadträte weiterhin in den Prozess einbezogen sind und somit Eilentscheidungen möglichst vermieden werden.
Als repräsentatives Oberhaupt der Stadt muss und will ich Vorbild sein. Deshalb setze ich sowohl im Rathaus als auch im Privaten alles daran, die vom Robert-Koch-Institut empfohlenen und vom Land bestimmten Vorschriften einzuhalten. Wir müssen jetzt vernünftig sein, damit wir das Leben, wie wir es schätzen und lieben, bald wieder leben können – mit allen Freiheiten, die wir uns gerade jetzt so sehr wünschen. Momentan steht das überlegte Handeln der verschiedenen kooperierenden Stellen zum Schutz unserer Bevölkerung an oberster Stelle. Unser primäres Ziel ist es, den Anstieg der Infektionsketten abzuflachen, um unser Gesundheitssystem weiter funktionsfähig zu halten. In meiner Verantwortung als Bürgermeisterin muss ich gerade in diesen Zeiten an das Allgemeinwohl denken. Notwendige soziale Distanz im positiven Sinne ist das Gebot der Stunde.
Das zeigt auf tragische Art und Weise auch der schreckliche und unerwartete Tod unseres langjährigen und von allen sehr geschätzten Mitarbeiters und Kollegen Martin Funk. Sein Tod am vergangenen Sonntag steht im Zusammenhang mit seiner Corona-Infektion. Seine Familie hat sich daher bewusst dafür entschieden, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Gemeinsam mit allen Mitarbeitenden stehen wir Martin Funks Familie in dieser schwierigen Zeit ganz besonders bei.
Bei all der Traurigkeit, die gerade in mir, aber auch im gesamten Rathaus herrscht, bleibt mir nur ein freundlicher Gruß vom Fahrrad aus. Meistens sage ich: Passt gut auf euch auf. Und ich bin mir sicher: Wenn wir zusammenhalten – und das haben die Schifferstadter schon immer getan – können wir diese Krise meistern.

???:Wie sind die Rückmeldungen der Bürger? Was sind derzeit die größten Sorgen?
Ilona Volk: Über unsere städtische Website und unseren Facebook-Auftritt fühlen sich die Bürger gut informiert – dieses Feedback erhalten wir immer wieder und freuen uns sehr darüber. Auftauchende Fragen in Form von Kommentare oder privaten Facebook-Nachrichten beantworten wir so schnell wie möglich.
Dass wir Veranstaltungen, wie das Rettichfest, absagen müssen, stößt natürlich nicht auf große Begeisterung. Gerade bei den Vereinen war die Enttäuschung groß. Deshalb bin ich umso dankbarer, mit wie viel Verständnis sie das aufgenommen haben. Unser Ziel war es, möglichst früh eine klare Entscheidung zu treffen, um den Vereinen eine gewisse Planungssicherheit für das weitere Jahr zu geben. Also haben wir uns für die Absage aller städtischen Veranstaltungen bis zum 30. Juni entschieden. Leicht gefallen ist uns das hier im Rathaus nicht, denn auch wir lieben und schätzen unseren kunterbunten Veranstaltungskalender und investieren gerne viel Zeit und Mühe in die Organisation von Rettichfest und Co. Trotzdem geht die Gesundheit von Bürgerinnen und Bürgern sowie den Mitarbeitenden selbstverständlich vor.
Dank unglaublich engagierter Menschen mangelt es uns trotz dieser schwierigen Zeit hier in Schifferstadt kaum an etwas. Erzieher halte in den Kindertagesstätten die Notbetreuung aufrecht und auch Lehrkräfte, Angestellte bei der Energie- und Wasserversorgung, Menschen in Gesundheits- und Pflegeberufen, bei der Polizei, dem Rettungsdienst, der Feuerwehr, Justiz und diejenigen, die die Lebensmittelversorgung sicherstellen, geben ihr Bestes.
Auch die Not der Betriebe ist für mich gerade deutlich spürbar. Und obwohl es sie gerade besonders hart trifft, machen viele aus ebendieser Not eine Tugend. Sie werden kreativ und bieten uns allen tolle, teilweise völlig neue Services an, die wir hoffentlich auch alle fleißig nutzen. So können wir einfach nur indem wir uns etwas zu Essen nach Hause bestellen oder unsere Haarpflegeprodukte am Laden abholen, Arbeitsplätze sichern und sogar ganze Existenzen retten.
Mir ist bewusst, dass trotz all dieser großartigen Bemühungen längst nicht alles gut ist. Und es macht mich traurig, dass viele Menschen sich jetzt gerade einsam fühlen, weil sie alleine, in Senioren- oder Behinderteneinrichtungen leben und das Haus nicht verlassen sollen, um sich und andere zu schützen. Ihnen bleibt momentan die Freude, die durch Besuche und Treffen mit Angehörigen und Freunden entsteht, verwehrt. Gleichzeitig spüre ich sehr viel Verständnis für diese für uns alle harten Maßnahmen. Wenn wir uns alle an die gegenwärtigen Empfehlungen halten, hoffe ich, dass wir die Ausbreitung des Virus schnell eindämmen können.
Wir sind weiterhin für die Bürger und ihre Anliegen da – per Telefon, E-Mail, Facebook, Website. Ich bin froh und dankbar, dass viele diese Absichten erkennen und uns zu den getroffenen Maßnahmen positive Rückmeldungen geben.

???: Gibt es in einer Stadtverwaltung „Krisenpläne“ für Szenario wie das derzeitige oder hat das Virus organisatorisch alles auf den Kopf gestellt und erfordert Improvisationstalent?
Ilona Volk: Für die Coronakrise braucht es eine gehörige Portion Improvisationstalent – das haben wir in Schifferstadt glücklicherweise zur Genüge. Bereits zu Beginn der Pandemie haben wir das Gesundheitsamt kontaktiert und alle für uns wichtigen Informationen eingeholt – so konnten wir Verunsicherung bei den Mitarbeitenden vorbeugen. Anfangs täglich, inzwischen wöchentlich sitzen wir als sogenannte „Corona Task Force“ zusammen, besprechen die aktuellsten Entwicklungen, die Verfügungen von Kreis und Land und tauschen uns aus.
Selbstverständlich haben wir uns auch mit verschiedenen Szenarien auseinandergesetzt und Krisenpläne ausgearbeitet. Dass die Grundversorgung gewährleistet ist, hat oberste Priorität. Deshalb haben wir direkt zu Beginn der Pandemie Teams, beispielsweise für die Arbeit in der Kläranlage, gebildet, sodass sich die Kollegen nicht begegnen und sich folglich auch nicht gegenseitig anstecken können. So wollen wir sicherstellen, dass Bürgerinnen und Bürger weiterhin mit Strom, Wasser und Co. versorgt sind.
Der Großteil der Mitarbeitenden ist weiterhin im Rathaus tätig, 25 seit letzter Woche im Homeoffice. Dort werden die Arbeitszeiten ebenso erfasst wie im Rathaus. Vorsichtshalber haben wir noch mehr mobile Hardware bestellt, sodass weitere Mitarbeitende bald ebenfalls von daheim aus arbeiten könnten.
Hier im Rathaus und auch bei den Stadtwerken haben wir Hygienehinweise verteilt und ausgehängt sowie Desinfektionsgel in den Toiletten installiert. Zum Schutz vor Ansteckung sind die Mitarbeitenden angehalten, Abstand voneinander zu halten und keine Hände zu schütteln. Wir behelfen uns rathausintern sowie extern mit Telefongesprächen oder sogar Telefonkonferenzen. Auf Dienstreisen und Fortbildungen verzichten wir vorerst. Teilzeitkräfte dürfen sich mit anderen abwechseln, Vollzeitkräfte können in Rücksprache mit ihrem Referatsleiter eine Art „Schichtsystem“ entwickeln und wir haben die Arbeitszeiten ausgeweitet, damit so wenig Menschen wie möglich gleichzeitig im Rathaus sind.
Wir informieren die Mitarbeitenden immer zügig und vollumfänglich über sämtliche Entwicklungen im Rathaus. Als Arbeitgeber nehmen wir uns da selbst in die Pflicht, schnell zu handeln und transparent mit Informationen umzugehen. Gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden haben wir Lösungen für auftauchende Probleme und Fragestellungen erarbeitet – wir sind ein großes und sehr gutes Team hier im Rathaus.
Für das Leben in Schifferstadt, aber auch für ganz Deutschland hoffe ich, dass die Bundesregierung aus den aktuellen Erfahrungen lernt. Es ist toll, dass alle Politiker an einem Strang ziehen, trotzdem zeigt sich momentan, dass wir vor allem, was unser Gesundheitswesen angeht, viel zu abhängig vom Ausland sind. Für die Zukunft wünsche ich mir mehr Weitsicht von der Bundesregierung, eine verstärkte Produktion in deutschen Unternehmen und bald wieder mehr „made in Germany“ in den Regalen.

Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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