Ehrenamtliche Initiative: „Zeit zu verschenken“ – ein Geschenk ohne Verpackung

- Die Freiwilligen der Initiative „Zeit zu verschenken“ sind wahre Engel
- Foto: Simone Keller
- hochgeladen von Ralf Vester
Donnersbergkreis. Es gibt Geschenke, die kosten kein Geld. Sie sind kostbarer als alles Materielle, weil sie von Herz kommen: geschenkte Zeit. Im Donnersbergkreis hat sich vor drei Jahren eine Gruppe von Menschen zusammengefunden, die genau das tut – sie bringt älteren und hochbetagten Mitmenschen ein Stück Leben zurück.
Die Folgen von Einsamkeit können Depression, Antriebslosigkeit, Kontaktarmut sein. Nicht wenige Senioren verlieren auf Dauer praktisch all ihren Lebensmut. Daher gilt es, die Vereinsamung im Alter zu bekämpfen und Menschen, die quasi in Vergessenheit geraten sind, wieder in unsere Mitte zu holen.
Simone Keller, examinierte Krankenschwester und erfahrene Pflegeberaterin, entschloss sich, genau das zu tun, da sie diesem Phänomen unzählige Male in ihrem beruflichen Alltag begegnet und miterlebt, wie groß das Ausmaß dieser inneren Leere ist. Es entstand die Idee, Menschen miteinander zu verbinden, bevor die Einsamkeit zu erdrücken beginnt.
Das Organisationsteam um Simone Keller setzt sich institutionsübergreifend aus der Evangelischen Kirche, der Diakonischen Lebensberatung der Gemeindeschwester plus und dem Pflegestützpunkt Donnersbergkreis zusammen. Die Initiative „Zeit zu verschenken“ ward geboren. Schnell fanden sich weitere Freiwillige, die bereit waren, regelmäßig ältere Menschen zu besuchen.
Zeit, die in beide Richtungen wirkt
Und das unschätzbar wertvolle Handeln trägt Früchte. Aus anfangs sieben Ehrenamtlichen sind bis heute stattliche 24 geworden. Das Altersspektrum der kleinen Helferlein reicht von 35 bis 81. Überwiegend sind es Frauen, aber auch zwei Männer gehören dazu. Darunter eben auch der Jüngste im Bunde, Jonas Gaudel, der bereits seit der ersten Stunde dabei ist. Der Schreiner geht in dieser ehrenamtlichen Arbeit voll auf.
Der 35-Jährige weiß den Wert der Geschichten, die ihm ältere Menschen erzählen, zu schätzen und entpuppte sich schnell als wunderbarer Zuhörer, der dadurch viel zu geben hat, aber auch genauso viel zurückbekommt. „Früher wollte ich immer einen Bub“, jetzt hab„ ich einen“, zitiert Simone Keller die ältere Dame, der Jonas Gaudel seine Zeit schenkt. Gibt es ein schöneres Kompliment? Allein solche Reaktionen sind jede Mühe wert. In die Augen der Besuchten kehrt wieder ein Funkeln zurück, der Lebensmut wird wachgeküsst. Die Dankbarkeit drückt sich in vielen berührenden Formen aus.
Wenn Erzählen zu einem Fest wird
Wie sehen solche Treffen aus? Die Begegnungen sind bunt und lebendig. Mal wird gespielt, mal vorgelesen, mal spaziert, falls noch rüstig genug, oder einfach „nur“ erzählt. Wobei das Erzählen für viele ältere Menschen oft schon ein Fest an sich ist. Manchmal helfen die Ehrenamtlichen auch bei kleinen alltäglichen Aufgaben.
Mittlerweile ist die Zahl der Besuchten auf rund 30 angewachsen. Deren Altersspanne reicht von Ende 60 bis zu gesegneten 95 Jahren. Die meisten von ihnen leben noch in den eigenen vier Wänden und meistern ihren Alltag wacker selbst – aber sie „krämern“ eben weitestgehend allein vor sich hin mit wenig Abwechslung.
Die Initiatoren um Simone Keller achten sehr darauf, Ehrenamtliche und Besuchspersonen sorgsam zusammenzuführen. Bei den ersten Treffen ist immer jemand dabei, um Brücken zu bauen. Erst wenn klar ist, dass Vertrauen wächst und der Draht zueinander da ist, ziehen sie sich zurück. Die besuchten Menschen wohnen recht weit verstreut im Donnersbergkreis, weshalb es neben dem Stützpunkt in Obermoschel inzwischen auch einen in Kirchheimbolanden gibt.
Im Sommer gibt’s ein Grillfest für die Freiwilligen, auch in der Adventszeit lädt die Initiative zum geselligen Beisammensein bei der Weihnachtsfeier. Selbstverständlich sind dort auch die besuchten Senioren gerngesehene Gäste.
Weitere Freiwillige immer gesucht
Verstärkung für die Initiative ist immer mehr als willkommen. „Der Bedarf ist riesig, aber kaum jemand bittet von sich aus um Besuch. Das Thema ist verständlicherweise sehr schambehaftet, die Barriere, nach Hilfe zu fragen, muss häufig erst vertrauensvoll überwunden werden“, sagt Simone Keller. „Jeder kann nach seinen Möglichkeiten dabei sein – niemand muss Angst haben, überfordert zu werden“, nimmt sie den Freiwilligen die etwaigen Hemmungen und Bedenken.
Simone Keller, Sabrina Garlinski und Tonja Loureiro bilden nach wie vor das Kernteam von „Zeit zu verschenken“. Gemeindediakonin Anette Sahoraj hat die Nachfolge von Marvin Sinz angetreten. Unterstützung in jeglicher Form ist selbstverständlich wünschenswert. Aber als reine Initiative ist es ungleich schwerer, Fördertöpfe anzuzapfen, zu denen Vereine und offizielle Organisationen leichter Zugang haben.
Ein helles Licht in dunklen Tagen
„Zeit zu verschenken“ ist mehr als eine Idee. Es ist ein stilles Versprechen: Niemand soll vergessen werden. Jeder Tag kann ein wenig heller sein, wenn jemand zuhört, lacht, erinnert, mitgeht. Für die Älteren bedeutet es Abwechslung, für die Ehrenamtlichen tiefe Erfahrungen – und für alle zusammen ein Stück mehr Menschlichkeit. rav
Kontakt
Simone Keller, Pflegestützpunkt, Tel. 06361 4590-739
Sabrina Garlinski, Diakonie, Sozial- und Lebensberatung, Tel. 06362 2525
Anette Sahoraj, Gemeindediakonin, Tel. 06352 6789325
Tonja Loureiro, Gemeindeschwester plus, Tel. 06352 710511




Autor:Ralf Vester aus Kaiserslautern |
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