Christian Weißgerber zu Besuch am Sickingen-Gymnasium
Einmal Nazi, immer Nazi? Ein Aussteiger berichtet...

Christian Weißgerber stand den Schülern Rede und Antwort | Foto: Sickingen-Gymnasium
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  • Christian Weißgerber stand den Schülern Rede und Antwort
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Von Mason Lebron, Klasse 12

Landstuhl. Der ehemalige Neo-Nazi und Autor des Buchs „Mein Vaterland: Warum ich ein Neo-Nazi war“ hielt am Sickingen-Gymnasium Landstuhl einen Gastvortrag über seinen Radikalisierungsprozess zum Neo-Nazi. Christian Weißgerber war auch Führer einer nationalsozialistischen Jugendgruppe und ist 2010 aus der Nazi-Szene ausgestiegen.
Schülerinnen und Schüler von der 10. Klasse bis zu 13. Jahrgangsstufe hatten nach dem Vortrag die Möglichkeit, selbst kritische Fragen an Christian Weißgerber zu stellen. Die Veranstaltung zur Radikalisierungsprävention war von den Geschichtslehrkräften Ludmilla Forsch und Björn Freudenberg organisiert worden.
Der Vortrag begann mit einer autobiographischen Einführung. Weißgerber, der in Eisenach in Ostdeutschland geboren und aufgewachsen ist, stammt aus einem schwierigen Elternhaus. Von klein auf trichterte ihm sein Vater den Unterschied zwischen „Ossis“ und „Wessis“ ein. Er gehörte, wie er ironisch anmerkte, zu den arbeitssamen und ehrlichen „Ossis“, die sich gegen „die faulen Wessis“ durchsetzen mussten. Diese Unterteilung der Menschen in gut und böse, faul und arbeitsam hat sich tief bei ihm eingebrannt und ließ ihn empfänglich für die nationalistische Weltsicht werden.
Er gibt zu, große Faszination und Neugier für den historischen Nationalsozialismus gehabt zu haben, da diese Ideologie in seinem Umkreis als Tabu-Thema betrachtet wurde. Durch Recherchen und geschichtsrevisionistische Werke entwickelte sich ein stolzes Gefühl, von Geburt an zu „den Deutschen“ zu gehören, Teil der „deutschen Dichter und Denker“ mit angeborenem „deutschem Erfindergeist“ zu sein, wobei er auch betont, dass er ein Rassist gewesen sei. Nur habe er sich immer bemüht, seine Überzeugungen in schöne Formulierungen zu packen und so zum Beispiel als Verteidigung deutscher Kultur zu verbreiten. Im Schlussteil beschrieb der Referent den Ausstiegsprozess und die Schwierigkeit, Automatismen, was etwa die Haltung zu Ausländern angeht, die er sich über Jahre hinweg angeeignet hatte, abzulegen.
Heute hält Weißgerber viele Gastvorträge in ganz Deutschland in der Hoffnung, Menschen aufzuklären. Er weiß, dass er mitverantwortlich für die Radikalisierung vieler Personen in der Zeit des Bestehens der von ihm gegründeten neo-nationalsozialistischen Jugendorganisation „Pakt Volkstreuer Jugend“ gewesen ist.
Er hatte damals gehofft, durch „Aktionen“ seiner Gruppe eine Revolution beziehungsweise einen gesellschaftlichen Umsturz auszulösen. Jedoch betont Christian Weißgerber heute, dass wir alle eine Verantwortung tragen, gegen radikale Politik und Bewegungen vorzugehen: „Ihr schafft die Gesellschaft, in der ihr leben wollt! Ihr müsst dafür die Verantwortung übernehmen!“.
Insgesamt war der Dialog mit Christian Weißgerber für die Schülerinnen und Schüler sehr eindrucksvoll, was auch aus ihren Fragen an den Referenten zu erkennen war. Das Thema der wiederaufkommenden Neo-Nazi-Szene ist heute von großer Bedeutung, wie Ereignisse des letzten Jahres, zum Beispiel in Chemnitz, zeigten. So kann man sagen, dass die Aufklärungsarbeit, die Christian Weißgerber und andere leisten, von äußerster Wichtigkeit ist.

Christian Weißgerber stand den Schülern Rede und Antwort | Foto: Sickingen-Gymnasium
Foto: Sickingen-Gymnasium
Autor:

Stephanie Walter aus Wochenblatt Kaiserslautern

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