„ZOOM ist kein Hygienekonzept“
Thesen zum Studium der Zukunft aus Studierendensicht

Studierende aus ganz Europa sprechen über ihre Erfahrungen im Shutdown.  | Foto: Bildrechte: Grafik: DHBW KA//NextEducation
  • Studierende aus ganz Europa sprechen über ihre Erfahrungen im Shutdown.
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Forschungsgruppe NextEducation der DHBW Karlsruhe zieht Zwischenbilanz

Nach den Schulen rücken nun die Studierenden in den Fokus der Corona-Debatte. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird sich am 12. April in einer Videoansprache an die Studierenden an deutschen Hochschulen richten und so auf ihre besondere Studien- und Lebenssituation eingehen. Bereits seit einem Jahr werden Studierende für die Podcastformate „NextNormal“ und “Studium im Shutdown” interviewt und zu ihren Studienerfahrungen während des Corona-Shutdowns befragt. Gemeinsam mit Studierenden aus verschiedenen europäischen Ländern diskutiert die Arbeitsgruppe NextEducation der DHBW Karlsruhe, wie sie die jetzige Situation als Studierende erfahren, was daraus für die Zukunft der Hochschulbildung gelernt und mitgenommen werden kann und welche Visionen für ein ideales Studium der Zukunft sich daraus entwickeln lassen. Um dies wissenschaftlich einzuordnen, wurden die geführten Interviews nun erstmals systematisch analysiert und ausgewertet. Die Forschungsgruppe leitet aus den Ergebnissen folgende Thesen für die Gestaltung des Studiums der Zukunft ab.

Hochschulen sind sozialer Experimentier-, Entwicklungs- und Lebensraum
Studierende nehmen verstärkt wahr, dass Hochschulen ein Ort des Begegnens, des sozialen Austausches und des sozialen Lernens sind – also ein Lebensraum, in dem sie sich als Menschen entwickeln. Die pandemische Studiensituation lässt dies als Diskrepanzerfahrung derzeit besonders zu Tage treten – denn wenn Hochschulen sich in der pandemischen Situation auf das Bereitstellen von Inhalten fokussieren, verengt sich der Entwicklungsraum des Studiums dauerhaft, anstatt sich zu weiten. Hochschulen sollten jetzt die Chance ergreifen und das Potenzial erkennen, das darin liegt, sich als sozialer und individuell bedeutsamer Entwicklungsraum für Studierende weiterzuentwickeln, der weit über die Wissensvermittlung hinaus geht. Hochschulen werden demnach neue Beteiligungsformate entwickeln müssen – auch online.

Studium zwischen Selbstorganisation und Abgehängt werden
Nach einem Jahr Shutdown sind Studierende mehr denn je darauf angewiesen, Lernautonomie und Selbstregulation zu entwickeln. Das bedeutet, dass Resilienz, Selbstorganisations- und Selbstlernkompetenzen wichtiger werden. Studierende sind auf individueller Ebene gefordert, um ihre Lernprozesse selbständig zu organisieren. Dies stellt sowohl eine Chance als auch eine Gefahr dar: So wird nach dem Shutdown eine Generation von Studierenden mit ganz anderen Erfahrungen an die Hochschulen zurückkehren. Einige werden höhere Selbstorganisationskompetenzen entwickelt haben und neue Anforderungen an Lehr- und Lernumgebungen artikulieren – gleichzeitig erhöht sich das Risiko, diesen Anforderungen nicht mehr gerecht werden zu können und abgehängt zu werden. Studierende erwarten daher, in ihren individuellen Lern- und Lebenssituationen unterstützt und ernst genommen zu werden, und gleichberechtigt an Hochschullehre teilnehmen zu können. Hochschulen werden demnach neue Beteiligungsformate entwickeln müssen – auch online.

Studierende als Partner*innen für Hochschulentwicklung
Nach einem Jahr Studium von zu Hause bringt der Blick aus der Distanz eine neue Klarheit und ein kritisches Bewusstsein von Studierenden auf ihr Studium hinsichtlich ihrer Bedürfnisse und der angebotenen Serviceleistungen. In einem neuen Pakt zwischen Studierenden und Hochschulen können Studierende in Zukunft als starke, kritische Partner*innen in Strategieprozesse und Qualitätsentwicklungsverfahren eingebunden werden. Dies bedeutet aber auch, dass Hochschulen Unschärfen zulassen lernen müssen: Statt bekannte Lehrformate 1:1 in den digitalen Raum zu übertragen, sollten sie eine Offenheit dafür entwickeln, wie Hochschullehre auch anders stattfinden kann. Studierende erwarten, dass Hochschulen ihre Wünsche und Bedürfnisse in die Gestaltung aktueller und zukünftiger Lehre einbeziehen und nehmen dies als Qualitätsfaktor wahr.

Fazit
Ohne Ausnahme erleben Studierende jetzt, dass Studieren auch anders funktioniert. Sie nehmen bewusster wahr, was gute Lehre für sie ausmacht. Sie organisieren ihr Studium und ihr Leben selbstständig und fordern individualisierte und gut erreichbare Unterstützungsangebote. Nach der Pandemie werden sie ihre Forderungen auch weiter artikulieren. Neben zahlreichen Herausforderungen hat die Pandemie auch das Potenzial von Studierenden hervorgebracht, selbstbestimmt und selbstorganisiert ihre Lernprozesse zu gestalten, zu reflektieren und als Expert*innen für gute Hochschullehre zur Gestaltung des Studiums der Zukunft beizutragen. Dies ist ein starkes Signal dafür, die Stimmen der Studierenden in die Debatte über die Hochschulbildung in Zeiten von Covid-19 und in der Zukunft einzubeziehen, um eine qualitativ hochwertige, für alle zugängliche Bildung zu bieten.
Die Forschungsgruppe NextEducation um Prof. Dr. Ulf-Daniel Ehlers erforscht an der DHBW Karlsruhe die Zukunft der (Hochschul-)Bildung unter Bedingungen einer zunehmend digitalisierten Welt.

Weitere Informationen: www.studium-im-shutdown.de

Autor:

Susanne Diringer aus Karlsruhe

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