Interview der Woche
Monika Bechtel, Alzheimer Gesellschaft

Monika Bechtel.  Foto: ps

Von Markus Pacher

Haßloch. Am 26. März führt die Deutsche Alzheimer Gesellschaft in Haßloch eine Schulung „Demenz-Partner“ durch. Mit dabei ist Monika Bechtel, Vorstandsmitglied der Alzheimer Gesellschaft Rheinland-Pfalz. Monika Bechtel ist seit dem Jahr 2008 mit dem Thema vertraut, ihre Eltern waren beide an Demenz erkrankt. Seitdem engagiert sie sich ehrenamtlich für die Betroffenen und deren Angehörige, ist unter anderem als Buchautorin in Erscheinung getreten und wurde 2014 mit dem Selbsthilfepreis Rheinland-Pfalz ausgezeichnet. Markus Pacher sprach mit ihr über das früher oftmals tabuisierte, heute offen diskutierte Thema „Demenz“.

??? Frau Bechtel, erzählen Sie uns bitte etwas über die Hintergründe der in Haßloch angebotenen Schulung „Demenz-Partner“.
Monika Bechtel: Die Schulung wurde in Japan gestartet und von der englischen Alzheimer Gesellschaft mit dem Ziel, das Bild und die Wahrnehmung der Krankheit gesamtgesellschaftlich zu ändern und Hemmschwellen abzubauen. Inzwischen beteiligen sich viele Länder, unter anderem Indonesien, Kanada, Nigeria und auch China. Es geht unter anderem um die Vermittlung der Grundlagen des Krankheitsbildes und alltagspraktische Tipps im Umgang damit. Angeboten wird die Schulung von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. Auch unsere Geschäftsstelle in Ludwigshafen bietet den Kurs an. Er richtet sich an Angehörige, an Nachbarschaft, Helfer, Polizei etc., geht über neunzig Minuten und ist sehr kompakt gehalten. Darüber hinaus bieten wir weiterführende Schulungen mit Einzelmodulen an. Ich hätte mir damals, als meine Mutter an Demenz erkrankte, solche Informationen gewünscht.

??? Sie haben ein Buch geschrieben „Mein Heute ist Euer gestern“. Worum geht es darin?
Monika Bechtel: Es ist so eine Art Tagebuch, in dem ich meine Erfahrungen mit meiner Mutter und aus meiner ehrenamtlichen Tätigkeit im Demenzkompetenzzentrum reflektiere. Bei meinen Vorträgen zitiere ich immer wieder aus meinem Buch – das ist eine sehr emotionale Sache.

??? Zunehmende Vergesslichkeit ist eine Begleiterscheinung des Alterns. Ab wann spricht man von Demenz und wie kann man das feststellen?
Monika Bechtel: Ja, Vergesslichkeit ist ein normaler Prozess im Leben. Sorgen machen muss man sich, wenn z. B. eine gestandene Hausfrau keine Suppe mehr kochen oder ein ehemaliger versierter Handwerker keine Leiste mehr befestigen kann. Weitere Symptome sind: Sprachprobleme, z. B. wenn vertraute Gegenstände nicht mehr benannt werden können. Oder wenn die Körperpflege nachlässt, man den Nachbarn nicht mehr erkennt oder den Nachhauseweg nicht mehr findet.

??? Was ist der Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz?
Monika Bechtel: Demenz ist der Übergriff. Es gibt 50 bis 60 Formen von Demenz, eine davon ist Alzheimer. Eine andere Form nennt sich frontotemporale Demenz und kann schon in jüngeren Jahren, zum Beispiel bei mitten im Berufs- und Familienleben stehenden Vierzigjährigen auftreten.
??? Welche medizinisch-therapeutischen Möglichkeiten gibt es, den Krankheitsverlauf zu stoppen oder wenigsten zu entschleunigen?
Monika Bechtel: Es gibt ein paar wenige Medikamente, die den Krankheitsverlauf etwas entschleunigen und die Krankheit vielleicht zwei bis drei Jahre hinauszögern. Das Non plus ultra an Medikamenten gibt es leider nicht, zumal der Stoffwechsel bei Männern und Frauen unterschiedlich ist. Wichtiger sind nichtmedikamentöse Therapien, zum Beispiel in Gestalt positiver kommunikativer Impulse. Zu den nichtmedikamentösen Behandlungen zählt die MAKS-Therapie, ein speziell auf die Bedürfnisse demenzkranker Personen abgestimmtes Konzept zur ganzheitlichen Ressourcenförderung, das aus vier Komponenten besteht: Motorische, Alltagspraktische und Kognitvie Aktvierung mit Sozialer Einstimmung. Neben der MAKS-Methode gibt es die Hilfemöglichkeit Marte Meo. Sie hilft im Pflegealltag, den Kontakt mit dementen Menschen neu zu sehen und bewusster mit ihm umzugehen.

??? Was sind die Risikofaktoren für Demenz?
Monika Bechtel: Allen voran zählt man Bluthochdruck, Diabetes und Rauchen dazu. Entgegensteuern kann man durch Sport und mediterraner Kost. Trotzdem erkranken immer wieder Menschen an Demenz, die ihr Leben lang gesund gelebt haben. Eine genaue Antwort auf die Frage nach dem Auslöser der Krankheit gibt es leider nicht.

??? Welche Empfehlungen geben Sie Angehörige im Umgang mit Demenzkranken?
Monika Bechtel: Man muss vor allem Geduld und Sensibilität aufbringen, muss die Krankheit anerkennen und nicht etwas verlangen, was nicht mehr geleistet werden kann, was einfach nicht mehr vorhanden ist. W-Fragen wie weshalb, warum oder wieso sind tabu. Wenn ich selbst nervös bin, spüren das die Betroffenen und distanzieren sich. Manchmal schlagen solche Rechtfertigungssituationen sogar in Aggression um. Vielmehr gilt es, schöne Momente zu fördern und noch vorhandene Ressourcen zu motivieren. pac

Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

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