Gemeinderat Niedermoschel tagte
Windkraft und Freiflächenphotovoltaik umstritten

Niedermoschel. Mächtig "Gegenwind" von jetzt zwei Seiten gibt es gegen die Pläne von Teilen des Gemeinderates und des Windkraftprojektierers Juwi aus Wörrstadt, zwei Windkraftanlagen auf der Niedermoscheler Gemarkung "Roter Kopf" in Sichtweite zum Nachbarort Hallgarten (LK Bad Kreuznach) zu errichten. Zwei weitere Windkrafträder sind bei diesem Projekt auf Obermoscheler Gemarkung -auf staatseigenen Forstflächen- angrenzend vorgesehen, weshalb auch Stadtbürgermeister Ralf Beisiegel am Freitagabend mit Interesse den Sitzungsverlauf in Niedermoschel verfolgte.
Bislang hatte die Bürgerinitiative Pro Nordpfalz aus Hallgarten diese Pläne bekämpft und in kurzer Zeit über 650 Unterschriften dagegen gesammelt. Nach Ansicht der BI haben die rund 25o Meter hohen Anlagen katastrophale Auswirkungen auf den direkten Lebensraum und das Umfeld .Statt Windkraft wurde ein gemeindeübergreifendes Energiekraftwerk mit Agrar-Photovoltaik, das in einem Genossenschaftsmodell betrieben werden könnte, vorgeschlagen. Die Einnahmen daraus kämen dann direkt den Gemeinden und interesssierten Bürgern zugute, so die BI (siehe auch Rheinpfalz vom 2. März und 27. April) Und nun bekommt die BI Unterstützung direkt aus der Gemeinde Niedermoschel.
Bürgerbegehren eingereicht
In der Sitzung am Freitag übergab gleich zu Beginn in der Einwohnerfragestunde Manuel Jost aus Niedermoschel Unterlagen für ein
formelles Bürgerbegehren gemäß Paragraf 17a der Gemeindeordnung, das von 77 Bürgerinnen und Bürgern unterschrieben war und die Fragestellung enthält: "Sind Sie dagegen, dass auf dem Gebiet der Gemeinde Niedermoschel Windkraftanlagen errichtet werden ?" Als Begründung ist unter anderem genannt, dass die Bürgerinnen und Bürger an dieser wichtigen Frage beteiligt werden müssten, weil das Vorhaben im Naherholungsgebiet dauerhafte und erhebliche Auswirkungen auf das Wohnen wie auch die Gesundheit jeden einzelnen wie auch den Tourismus sowie das Ökosystem in der Gemeinde habe. Mindestes zehn Prozent der bei der letzten Wahl zum Gemeinderat festgestellten Zahl der wahlberechtigten Einwohner müssen ein Bürgerbegehren unterzeichnen Bei rund 490 Einwohner, davon waren ja einige noch nicht wahlberechtigt 2019, dürfte also mindestens die Anzahl der Unterschriften ausreichen.

Dem entsprechend groß war auch der Andrang zur Sitzung, die in gleicher Form bereits am 3. September hätte stattfinden sollen, aber wegen eines Formfehlers -Sitzungsunterlagen wurden nicht zugestellt- nach einer Eingabe abgesetzt werden musste und nun mit der gleichen Tagesordnung erneut terminiert war. Neben dem Gemeinderat waren circa 15 interessierte Zuhörer aus mehreren Gemeinden im Sitzungsraum des Dorfgemeinschaftshauses. Bis zu circa 20 Personen, die sich vor dem Eingang des Bürgerhauses aufhielten, musste von Ortsbürgermeister Gunter Keller der Einlaß in den Sitzungsraum aus Gründen des Coronaschutzes verwehrt werden.

Im Innenbereich informiert dann Keller zunächst, dass es an diesem Abend nicht vorgesehen sei, den Punkt "Antrag auf Änderung des Flächennutzungsplanes bei der Verbandsgemeinde" zu behandeln. Es sei eine reine Informationsveranstaltung für den Gemeinderat über das vorgesehene Projekt, dass bereits Mitte Februar und im April im Gemeinderat diskutiert wurde. Schon damals hieß es, dass bei der VG für die vorgesehenen Windkraftflächen, die bislang nicht als Vorrangfläche im Flächennutzungsplan der VG ausgewiesen sind, ein Antrag auf Aufnahme gestellt werden müsse und zudem sei ein Bebauungsplan notwendig, was in der nächsten Sitzung beraten werden sollte, aber bislang nicht auf der Tagesordnung erschien. Das vorgesehene Windkraftgebiet in Niedermoschelhat hat ein Problem: In unmittelbarer Nähe zu den jetzt ausgewählten Standorten wurde bereits 20003 im raumordnungsrechtlichen Entscheid der SGD Süd bei einem Antrag eines anderen Windkraftbetreibers die Genehmigung eines Windparks mit vier Anlagen auf Niedermoscheler Gemarkung abgelehnt, weil sie mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung und Landesplanung nicht vereinbar waren.
Anne Paltzer und Florian Elgas von der Firma Juwi stellen dann das neue Projekt vor. Die gesetzlich vorgeschriebenen Abstände der Anlagen zu den Gemeinden, die von der neuen Landesregierung nochmals auf 900 Meter verkürzt wurden, seien deutlich eingehalten. So sei die Gemeinde Niedermoschel 1.500 Meter weit weg, Obermoschel 1.200 Meter, der Neudorferhof 1.400 Meter, Hallgarten 1.200 Meter und die Burgruinen Lewenstein 1.250 Meter und Montfort 1.200 Meter, jeweils gemessen vom Turmmittelpunkt. Mit den Standort-Grundstückseigentümern gebe es bereits seit mehreren Jahren entsprechende Nutzungsverträge, so Elgas auf eine Frage aus dem Publikum. Die notwendigen Flächen würden angepachtet. Nach weiteren Wortmeldungen und Ausuferungen zu dem Thema verwies Ortsbürgermeister Keller auf die Vorschriften der Gemeindeordnung und auf sein Hausrecht, ohne allerdings das Fragerecht einzuschränken. Es seien vier Windkraftanlagen geplant, der Typ stehe noch nicht fest, so die Juwi-Vertreter. Die Nabenhöhe betrage 170 Meter, der Rotordurchmesser 160 Meter, die Gesamthöhe liege
dann bei 250 Metern. Die Anlagen haben laut Elgas und Paltzer eine Nennleistung von zusammen 24 MW, der jährliche Stromertrag belaufe sich auf rund 44.000 MWH. Die vier Anlagen deckten den Strombedarf von 3.400 Haushalten. Die mittlere Windgeschwindig- keit betrage am Standort zwischen 6,2 und 6,3 Meter/Sekunde, womit sich die Anlagen effizient und wirtschaftlich betreiben ließen. Vorgestellt wurde auch eine Bild-Visualisierung der Anlagen von mehreren wichtigen Orten wie Hallgarten, Niedermoschel, Obermoschel oder von der Burgruine Lewenstein.
Elgas machte deutlich, dass das Projekt von Juwi nur weiter verfolgt werde, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan der VG Nordpfälzer Land auch als Vorrangflächen ausgewiesen würden -dort werde momentan an einer Teilfortschreibung zum Thema Energie gearbeitet- und wenn sich der Gemeinderat für das Projekt ausspreche, denn es sei auch ein gemeindliches Bebauungs- planverfahren dafür notwendig.
Mehrere Gutachten notwendig
Vorgestellt wurden auch die notwendigen verschiedenen Gutachten,insbesondere zu Lärm, Schall und dem Vogelschutz. Hierzu gabe es dann auch einige kritische Wortbeiträge und Fragen. Alle Gemeinden, die im Umkreis von 2,5 Kilometer der Anlagen einen Flächenanteil liegen haben, kommen in den Genuß einer Erlösbeteiligung nach dem neuen Paragrafen sechs des EEG. Sie erhalten je nach prozentualem Flächenanteil einen Erlös von 0,2 Cent/KWh pro tatsächlich erzeugtem Windkraftstrom. Profitieren würde davon neben Niedermoschel, das jährlich mit rund 25.000 Euro Erlösbeteiligung sowie rund 4.000 Euro für Stand- und Abstandsflächen rechnen kann, auch die Stadt Obermoschel, Hallgarten, Odernheim, Durchroth und Lettweiler, wie Elgas aufklärte. Während es im Frühjahr dieses Jahres hieß, dass im Jahr 2025 gebaut werden könne, wollten die Juwi-Vertreter jetzt keine feste zeitliche Perspek- tive nennen. Vieles sei zu ungewiss. Wenn der Flächennutzungsplan diese Fläche aufnehme und er auch genehmigt sei, könne man danach mit zwei Jahren Umsetzungszeit rechnen, so Elgas. Erschlossen werden soll das Gebiet nicht etwa über Niedermoschel, sondern die Zufahrt soll in der Bauphase über die Kreisstraße von Obermoschel Richtung Lettweiler und dann vorbei am Neudorferhof erfolgen, war eine letzte Frage eines Zuhörers, bevor das Thema dann nach eineinhalb Stunden im Gemeinderat beendet wurde. Im Nachgang zur Sitzung informierte Ortsbürgermeister Keller auf Anfrage, dass der im nichtöffentlichen Teil vorgesehene Punkt Vertragsangelegenheiten, der unter anderem das Windkraftprojekt mit Juwi beinhaltete, vom Gemeinderat
zurückgestellt wurde .

Freiflächenphotovoltaikanlage ebenfalls noch ungeklärt
 Fast genauso emotional wie bei der Windkraft wurde ein weiteres, zusätzlich auf die Tagesordnung genommenes Thema im Ge-
meinderat diskutiert. Die Firma Boreas mit Sitz in Dresden und einem Büro in Kaiserslautern beabsichtigt, eine Freiflächen- photovoltaik-Anlage mit einer Ausdehnung von 29,3 Hektar rund um die Gewanne "Steimeler Dell" umzusetzen.Weil hier aber einige Grundstückseigentümer Unterschriften verweigern und die Nutzung von Wirtschaftswegen teilweise eingeschränkt wird, was nicht auf die Gegenliebe von Landwirten stössst, kann das Gesamtgebiet wie von der Firma vorgesehen, nicht erschlossen werden und müsste in mehrere Einheiten zerstückelt werden. Dies macht es uns aber immer schwieriger, das vorgesehene Engagement noch wirtschaftlich umzusetzen, so der anwesenden Vertreters der Firma, Dimitri Stöhr. Allerdings räumt er auch ein, dass er die Zustimmung von Eigentümern oder Pächtern der derzeit landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht erzwingen kann. Auch dieses Thema wurde vertagt und es soll jetzt nach Auskunft von Ortsbürgermeister Keller im Nachgang zur Sitzung zunächst nochmals
ein Ortstermin mit den betroffenen Eigentümern und Pächtern sowie dem Gemeinderat geben.
Der Gemeinderat erteilte einstimmig das Einvernehmen zu einem Bauantrag. Zwei Ortsbegehungen mit dem beauftragten Büro Monzel-Bernhardt wurden vereinbart, um das Thema Fortschreibung Dorferneurungskonzept voranzubringen und wie Außenbereichsgrundstücke, für die Bauwünsche vorliegen, eventuell dem Innenbereich -womit sie bebaubar wären- zugeschlagen werden können.

Autor:

Arno Mohr aus Alsenz-Obermoschel

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