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DorfArt präsentierte den Wortakrobaten Philipp Scharrenberg

Der Künstler überzeugte mit Mimik und Gestik und jeder Menge Dichtkunst | Foto: Brigitte Melder
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Böhl-Iggelheim. Nach langer Zeit hatte der VfB Iggelheim in seinem Saal wieder einen Gast und Publikum, zwar ohne Essen, aber mit Getränkeausschank. Einlass nur mit 2G+ und Maskenpflicht auch während der Vorstellung. Der Kulturverein DorfArt hatte am Abend des 15. Januar Philipp Scharrenberg eingeladen.

Zur Person: Philipp Scharrenberg wurde am 22. Juni 1976 in Bonn geboren und wuchs hier auch auf. Er ist ein deutscher Slampoet und Kabarettist. Nach seiner Schulzeit studierte er Germanistik und Philosophie an der Uni Bonn. Er machte einen Master of Arts als Medienautor an der Hochschule der Medien in Stuttgart und arbeitete als Radiomoderator, Webdesigner, Comedy-Autor und trat als Rapper, Bühnendichter und Kabarettist auf. Seine ganzen Preise hier aufzuzählen würde die Seitenzahl sprengen, aber es sind viele, die er seit 2009 bis 2016 gewonnen hat. Und von der Qualität seiner Wortakrobatik konnte sich das Böhl-Iggelheimer Publikum an diesem Abend von dem neuen Programm „Realität für Quereinsteiger“ überzeugen.

Presseanzeige: Realität für Quereinsteiger: In diesem kleinen Persönlichkeitscrash-Kurs der VHS (Vers-Humor-Schmiede) legt der preisgekrönte Kabarettist und Bühnendichter Philipp Scharrenberg die Scheuklappen ab, um hinter den scho(e)nenden Schleier zu schauen. Mit quirliger Kreativität und sprachverspielt beweist er als Realitätstrainer, wie komisch und erfrischend es sein kann, den nackten Tatsachen ins Auge zu sehen, bis sie erröten. Dafür reimt, rappt, singt, liest und erzählt er, bis sich Tacheles und Klartext „Na, dann gute Nacht“ sagen. Ein bissig-heiterer Realitycheck für alle, die sich an ihrem Weltbild sattgesehen haben!

Angekündigt als Kabarett in HD war nicht Heidelberg und auch nicht die TV-HD-Qualität gemeint, sondern Hohe Dichterkunst. Für die Technik war der von DorfArt gebuchte Heiko Rusnak (Veranstaltungstechnik) verantwortlich und alles lief wie am Schnürchen. Laut dem 1. Vorstand Günter Handwerker waren mit großzügiger Bestuhlung 70 bis 75 Gäste angemeldet. Er begrüßte die Ankömmlinge und auch später dann den Akteur und die Zuschauer. Das Schoppeglas für den Künstler war gefüllt; es konnte also losgehen.

Schick in Schwarz-Rot gekleidet betrat der 46-jährige Künstler die Bühne und sinnierte über die Realität, rappte, las und performte geschliffene Texte par excellence. Die Lacher vom Band braucht er nicht, gehören aber zum Programm. Die Live-Lacher aus dem Publikum sind echt und kommen von Herzen. Er fragte sich, ob das mit der Mundschutzmaske bleiben würde. Er habe sich eigentlich schon immer wohler gefühlt, wenn Menschen aus Höflichkeit ein wenig Abstand zu ihm einhielten und nicht so auf die Pelle rückten. Dagegen habe er nichts einzuwenden, aber die Maske? Es sei Bedarf für Veränderung. Man halte Ein-Spahn-Abstand und somit eine neue Messeinheitsskala. Schöne neue Welt! Wir können das Beste daraus machen. Er stellte fest, dass er als Künstler nicht relevant sei, aber wer bestimme, was relevant sei? Dies war die Überleitung zu einem Rapp zu diesem Thema. Die neueste Währung sei „Klick und Like“ und Redundanz und Tanz reimen sich wunderbar auf Relevanz.

Er sei das letzte Mal vor ca. 2 Jahren hier in Böhl-Iggelheim gewesen und würde immer per Zug reisen. Er bedankte sich, dass wohl der ganze Ort gekommen sei und sprach ein riesen Kompliment mit den Worten „Ihr seid die Creme de la Böhl-Iggelheim“ dafür aus.
Zurück zum Thema Realität meinte er, dass diese zwei Seiten habe wie bei einer Schallplatte. Es gebe Schwarz und Weiß, Fakten und Fakes, Opfer und Täter und es gebe nichts mehr dazwischen, der Verlust der Realität und Neutralität. Das sei die digitalisierte Welt und er verglich sie mit der früheren analogen Welt. Seine Gestik und Mimik lebt er aus und seine anspruchsvollen Texte geben dem Ganzen noch das i-Tüpfelchen. Er ist mit Leib und Seele ein Sprachakrobat, der seinesgleichen sucht. Zeitweise wie bei dem Sketch mit der verschlossenen Tür vergleiche ich ihn persönlich mit Loriot. Da wird die Dynamik zu Dynamit. Er hat’s mit den Abkürzungen und nennt PAL „Problem anderer Leute“, NMP „Nicht mein Problem“ und KKG „Kollege kommt gleich“. Und singen kann er auch – über das Ego und den Kommerz und den Fragen „Brauchen wir immer das neueste und müssen wir der Technik hinterherlaufen“? Er habe gelernt, einfach mal zufrieden zu sein und gegen das organisierte Verbrauchen zu sein.

Nach einer viertelstündigen Pause wird er mit einem mega Beifall begrüßt. „Welcome back“ sind seine Worte. Er sei mit Hörspielen aufgewachsen und die letzte Hörspielcassette, an die er sich als Kind erinnere, sei „Benjamin Blümchen klettert auf einen Baum“. Großes Gelächter im Saal, denn wer kennt nicht die vielen Geschichten des schlauen Elefanten? Und dann gab er noch einen kleinen Ausschnitt von dem kleinen Jungen „Lino Looser“ zum Besten und „Onkel Trumps Hütte“. Er kündigte an, dass man sich mit großen Schritten dem Ende nähere und hatte seinen eigenen Text zu „Germanys next Jobtrottel“. Und dann gab es kein Halten mehr, denn er entblätterte sich bis auf einen Body, Strapse und Netzstrumpfhosen in Adaption an ein Lied aus der Rocky Horror Picture Show. Tolle Stimmung und viel Applaus hatte das zur Folge. Als Dank für seine heutige Darbietung gab es ein gutes Fläschchen Pfälzer Wein. Aber so schnell entließ man ihn nicht, denn eine Zugabe musste her und zwar seine Version von Heinz Erhard „Die Made“. Er bedankte sich bei DorfArt, der Technik und dem Publikum, das über 2 Stunden lang mit Maske ausharrte. Was für ein schöner Abend, der abwechslungsreich, lustig, nachdenklich, unterhaltsam und musikalisch war. Der Mann hat tatsächlich die im Voraus angekündigte Power und wir freuen uns schon auf einen neuerlichen Besuch hier im Ort.
(mel)

Autor:

Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim

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