INNOVATIVES PROJEKT IN DER REGION
Selbstbestimmung am Lebensende für Menschen mit Beeinträchtigungen

Ein Leuchtturmprojekt: Die Kooperation der Lebenshilfe Bruchsal-Bretten e. V. mit dem Palliative Care Team Arista
(vlnr.: Bernd Gärtner, Christiane Pothmann, hinten: vlnr: Rita Bender, Barbara Spandau
  • Ein Leuchtturmprojekt: Die Kooperation der Lebenshilfe Bruchsal-Bretten e. V. mit dem Palliative Care Team Arista
    (vlnr.: Bernd Gärtner, Christiane Pothmann, hinten: vlnr: Rita Bender, Barbara Spandau
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Wie gerne lebe ich? Was brauche ich, wenn ich im Sterben liege? Darf Medizin mein Leben in einer Krise verlängern? Was würde ich mir noch wünschen? Sollen lebenserhaltende Geräte abgestellt werden? Wo will ich sterben? Zuhause oder doch besser im Krankenhaus?
Die wenigsten Menschen wollen sich mit solchen Fragen beschäftigen, schon gar nicht, wenn sie (noch) gesund, nicht gebrechlich oder alt sind. Und wie gehen erst Menschen mit geistiger Behinderung mit diesen Fragestellungen um? Gerade wenn sie sich nur schwer oder gar nicht sprachlich äußern können, oder die Vorstellungen von Zukunftsplanung aufgrund des Handicaps gar nicht oder nur bedingt möglich ist. Und doch müssen sich Betreuer, Angehörige und alle an der Versorgung Beteiligten damit auseinandersetzen – spätestens, wenn sich das Sterben ankündigt oder - im Akutfall - ganz schnell Entscheidungen getroffen werden müssen.

Nun hat die Lebenshilfe Bruchsal-Bretten e. V. eine für die Region innovative Kooperation mit dem Palliative Care Team Arista für Landkreis und Stadt Karlsruhe, geschlossen. Damit hat diese Kooperation eine Vorreiterrolle inne. Das Palliative Care Team Arista übernimmt als Kooperationspartner für alle Lebenshilfe-Wohnstätten in Bruchsal, Bretten und Graben-Neudorf alle Leistungen zur gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase. Konkret beinhalten die Vorsorge-Pläne mindestens zwei Beratungsgespräche vor Ort pro Gesprächsprozess durch einen zertifizierten Gesprächsbegleiter. Eine aussagekräftige Dokumentation zum Bewohnerwillen und den individuellen Wünschen, die Organisation und Teilnahme an Fallbesprechungen, Qualitätszirkeln Informationsgespräch mit dem Hausarzt sind die wichtigen Säulen bei der Vorsorgeplanung.

Auf Grund der besonderen Lebenssituationen und Bedürfnisse von Menschen mit Beeinträchtigung, sind die Informations- und Beratungsintervalle sowie die Methoden auf diese spezifische Zielgruppe zugeschnitten und Mehraufwendungen berücksichtigt.
Solange ein Bewohner der Lebenshilfe Bruchsal-Bretten e. V. sich selber äußern kann, steht im Beratungsprozess seine Äußerung vor allen anderen Erwägungen. Insbesondere bei Schwerstmehrfachbehinderung oder kognitiver Einschränkung sollen Vertrauenspersonen die Leistungsberechtigten in ihrer Autonomie assistieren. Wenn ein Bewohner sich dazu nicht äußern kann, wird eine Fallbesprechung durchgeführt, in der der mutmaßliche Wille des Bewohners über Beobachtungen und Erfahrungen identifiziert wird.
„Erstmals in der Behindertenhilfe ist man damit konfrontiert, dass Menschen mit Handicap so alt werden: Wir möchten den Prozess, den die Einrichtung durchläuft unterstützen“, betont Christiane Pothmann, Koordinatorin des Palliative-Care-Teams. „Dabei wollen wir keine Pauschalaussage treffen, sondern im Gremium herausfinden, was der Betroffene wirklich will“, ergänzt ACP-Projektleiterin und zertifizierte Gesprächsbegleiterin Barbara Spandau.

Und wie setzt sich das Gremium bei einer Fallbesprechung zusammen?
Auf Wunsch oder mit Zustimmung des Bewohners oder gesetzlichen Vertreters gehören dem Gremium Angehörige, Mitbewohner, Vertrauenspersonen, Bevollmächtigte, ACP-Gesprächsbegleiterin des Palliative Care Team Arista, gesetzliche Betreuer, Ärzte und Therapeuten an. Aber auch Mitarbeiter der Wohngruppen und der Tagesstruktur, Seelsorger und alle an der Betreuung beteiligten Personen können dort ebenfalls vertreten sein.
Bernd Gärtner, Lebenshilfe-Geschäftsführer gibt ein Beispiel: „Ein Bewohner hat in einer gemeinsamen Dokumentation festgelegt, dass er sich am Ende einen Seelsorger wünscht. Hätte man das nicht nachlesen können, hätte man es sicherlich vergessen“, erklärt er. Dabei sei die Neutralität des externen Angebotes essentiell, so Gärtner.

Eine Beratung im Zuge der Vorsorgeplanung ist jederzeit möglich. Sie sollte aber idealerweise in einer stabilen Phase des Bewohners, also deutlich vor der eigentliche Sterbephase erfolgen, um hektisches Handeln im Akutfall zu vermeiden, wie etwa einen Notfalleinsatz mit einer Einweisung ins Krankenhaus, die vom Betroffenen nicht gewünscht war. Dabei können die Bewohner ihre Meinung ändern, wenn sich die Umstände in der Sterbephase ändern sollten. Die Vorsorgeplanung legt die letzten Dinge auch fest, wenn sich jemand gar nicht mehr äußern kann. Und: Es werden so viele Termine gemacht, wie der Bewohner benötigt. Sie werden von der Krankenkasse zu 100% übernommen. „Die Vorsorge-Pläne geben Handlungssicherheit für unsere Mitarbeiter und tragen zu einer großen Entlastung bei“, erläutert Rita Bender, Pflegedienstleiterin im Wohnpflegeheim der Lebenshilfe in Bruchsal. „Es geht um Selbstbestimmung am Lebensende - dafür ist es höchste Zeit“, betont sie.

Ansprechpartnerin:
Rita Bender, Tel.: 0 7251 715 220, rita.bender@lebenshilfe-bruchsal.de

Autor:

Claudia Schuler aus Wochenblatt Bruchsal

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