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Vor 85 Jahren: Das Ende der jüdischen Gemeinde in Mutterstadt

Ansicht des Lagers | Foto: Gemeindearchiv Mutterstadt
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Die Deportation am 22. und 23. Oktober 1940 von 6.676 jüdischen Einwohnern aus Baden, dem Saargebiet/Lothringen und aus der Pfalz nach Südfrankreich in das Lager Gurs am Fuße der Pyrenäen bedeutete gleichzeitig auch das Ende der über 200 Jahren alten jüdischen Gemeinde in Mutterstadt.

Auf Initiative des NS-Gauleiters Josef Bürckel wurden an diesem 22. Oktober, einem Dienstag, in Mutterstadt die Juden, von Kleinkindern bis hin zu hoch Betagten, frühmorgens von der Polizei aus ihren Häusern geholt. Man gab ihnen nur eine Stunde Zeit, um das Nötigste in einen Koffer zu packen. Nach den Unterlagen im Gemeindearchiv wurden an diesem Tag 52 Menschen aus dem Ort abtransportiert, zuerst zu einem Sammelplatz im Hof der Maxschule in Ludwigshafen, und dann weiter mit der Eisenbahn quer durch Frankreich in das Lager Gurs. Aus der Pfalz waren es nach Aufzeichnungen 825 Personen und damit kam, gemessen an der Einwohnerzahl, der größte Anteil aus Mutterstadt. Der Ort Gurs steht somit für immer gleichbedeutend für das Schicksal der Juden aus Mutterstadt und aus Südwestdeutschland. Das Lager wurde, abgesehen von einigen wenigen Überlebenden, zur tödlichen Falle für die Deportierten. In den ersten Wochen starben infolge der harten Lagerbedingungen bereits neun Personen aus Mutterstadt, darunter am 11. Dezember auch die damals schon 83-jährige Esther Emma Marum, die in der Dannstadter Straße 15 gewohnt hatte. Auf dem Friedhof in Gurs erinnert der Grabstein Nr. 350 an ihr Schicksal. Zwei ihrer vier Kinder wurden ebenfalls Opfer der NS-Diktatur. Der Sohn Wilhelm starb mit 53 Jahren im KZ Auschwitz und die Tochter Amalie Dellheim war 51 Jahre alt, als sie in Auschwitz zu Tode kam.
Ein Auszug aus einem Lagerbericht eines Häftlings zeigt die schreckliche, menschenverachtende Unterbringung damals in Gurs: „Das Lager besteht aus 300 Baracken, die weder sanitäre Anlagen noch Trennwände haben. Statt Fenster gibt es unverglaste Lichtluken mit Holzklappen. Die Baracken sind kalt, feucht und schmutzig; die Strohsäcke lagern auf schiefen Bretterböden, schlecht gefüllt mit muffigem Stroh. Es gibt Ungeziefer, aber kein Essgeschirr und kein Trinkgefäß. Alles Gepäck liegt auf der Lagerstraße in einem wüsten Durcheinander in Dreck und Regen.“

Einige Insassen konnten aus dem Lager fliehen, andere sind seit dieser Zeit verschollen und ihr Schicksal blieb ungeklärt. Die Mehrzahl der aus Mutterstadt Deportierten wurde ab 1942 in das KZ Auschwitz transportiert und dort ermordet.

Ein besonderes Schicksal erlitt die Familie Sundelowitz, die in der Ludwigshafener Straße, Ecke Turnhallenstraße, ein Schuhgeschäft hatte. Die Familie stand nicht auf der damaligen Liste für Gurs, da Leo Sundelowitz ursprünglich aus Litauen stammte. Seine Frau Johanna, geb. Dellheim, erklärte aber, nicht mehr in Mutterstadt bleiben zu wollen, wenn alle Juden weg seien und so schloss sich die Familie freiwillig dem Abtransport ihrer jüdischen Mitbürger an, ohne zu ahnen, was sie Schreckliches erleben würden. Die Mutter starb 1942 mit ihrer 20-jährigen Tochter im KZ Auschwitz, die 18-jährigen Zwillingssöhne wurden in das KZ Groß-Rosen transportiert, wo sie 1944 starben. Der Vater wurde 1944 aus einem anderen französischen Lager befreit und kehrte nach Mutterstadt zurück.

Nach einem Gemeinderatsbeschluss im Jahr 2001 wurde im Ehrenhof auf dem Neuen Friedhof eine Gedenktafel mit den Namen der 1940 deportierten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger angebracht. Auch die seit 2022 verlegten Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig erinnern an sie.

Text: Volker Schläfer

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Ansicht des Lagers | Foto: Gemeindearchiv Mutterstadt
Ältere Dame (aus Mutterstadt?) im Hof der Maxschule Ludwigshafen (Gemeindearchiv)  | Foto: Gemeindearchiv Mutterstadt
Autor:

Michael Hemberger aus Mutterstadt

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