72,9 Prozent Nein-Stimmen:
Waghäusel zeigt Tiefengeothermie die rote Karte

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Waghäusel. Die Waghäuseler haben bei der überregional mit großer Aufmerksamkeit verfolgten Bürgeranhörung mit Bürgerentscheid die rote Karte gezogen und der Tiefengeothermie entgegengestreckt - damit auch dem politischen Establishment in der Stadt, das größtenteils die Überlassung städtischer Grundstücke für ein TG-Kraftwerk mit Bohrtürmen unterstützt. „Es ist ein Sieg des belächelten kleinen Davids gegen den übermächtigen Goliath“, sagt Christina Friedrich, die sich als „die Vertreterin des Bürgerwillens“ sieht.
Goliath sei in diesem Fall keine Einzelperson, sondern das „Bündnis“ von rund 15 Parteien, Wählervereinigungen, Vereinigungen, Gruppen und Organisationen, das den Bürgerwillen nicht erkennen wollte und bis zur letzten Stunde gegen die absehbare Mehrheit der Bevölkerung kämpfte, betonte Co-Sprecherin Andrea Fischer.

Bei einer unerwartet hohen Wahlbeteiligung von 48,6 Prozent sind 72,9 Prozent Nein-Stimmen und nur 27,1 Prozent Ja-Stimmen zusammengekommen. Dabei ging es um die Frage: „Sind Sie dafür, dass stadteigene Grundstücke zur Errichtung eines Tiefengeothermie-Kraftwerks oder für andere Unternehmungen mittels Tiefenbohrungen überlassen werden?“ Das vorgeschriebene Quorum von rund 3.400 Stimmen wurde um rund 2.600 Stimmen übertroffen, stellten die Tiefengeothermie-Skeptiker und -Gegner erfreut fest.

Im Foyer des Rathauses, wo die Ergebnisse nach ungewohnt langer Wartezeit auf die Leinwand übertragen wurden, brandete Jubel auf, als die ersten Zahlen eintrafen und den Trend anzeigten.
Ein Besucher machte einen Vergleich auf: „Gab es bei der Oberbürgermeisterwahl 2022 eine Wahlbeteiligung von 47,2 Prozent und 4.760 Deuschle-Stimmen, so haben wir jetzt eine Wahlbeteiligung von 48,6 und 6.018 Stimmen erreicht.“ Warum? Sogleich nach Bekanntgabe des Gesamtergebnisses hatte eine Stadträtin versucht, das Votum der Bürgerschaft mit Blick auf die Zahl der Wahlberechtigten – anders als bei der OB-Wahl - kleinzureden.

Für die Sprecherinnen der Initiatoren des Bürgerentscheids (den die Stadt „aus formalen Gründen“ abgelehnt hatte und dann selbst einen Ersatz auf den Weg brachte), Christina Friedrich, Andrea Fischer und Karin Linowski, sahen in dem „überdeutlichen Sieg“ auch eine Mahnung an die etablierten Parteien und Wählervereinigungen, nicht weiterhin ohne Bodenhaftung zu agieren und nicht weiterhin einen geradezu erbitterten Kampf gegen fast 73 Prozent der Bevölkerung zu führen – und das kurz vor der Kommunalwahl.

Dass unmittelbar nach der Wahl die demokratisch zustande gekommene Wählermehrheit in den sozialen Medien etwa als „Gestrige“ und mögliche „Ewiggestrige“ gekränkt wurde, wird auch dazu führen, den Verein „Für ein Lebenswertes Waghäusel“ bestehen zu lassen. “Wir sind notwendig als Korrektiv zu den inzwischen völlig abgehobenen Parteien und Wählervereinigungen. Wir werden bei den Kommunalwahlen 2024 uns an diesen unfairen ruppigen Umgang erinnern“, hieß es.
Im „Vogelhaisl“ feierten etwa 50 Freunde des Vereins und der „Interessengemeinschaft gegen Tiefengeothermie“ den Erfolg. Das Frauenpowertrio an der Spitze bekam Blumen, die weiteren drei Frauen mit wichtigen Aufgabenbereichen erhielten ein süßes Geschenk.

Dass Vertreter der „Erdwärme“ noch im Rathaus ankündigten, jetzt so weitermachen zu wollen, als sei nichts geschehen, und nunmehr nach Privatgrundstücken als Ersatz suchen, hat breites Entsetzen hervorgerufen. Damit werde jegliches Restvertrauen verspielt und die Politikverdrossenheit gefördert.
„Wer jetzt meint, einfach weitermachen zu können, den Willen von über 6.000 Wählern zu missachten und mit den Füßen zu treten, handelt undemokratisch, respektlos, bürgerverachtend. Wir leben in einer Demokratie und wollen, dass demokratische Entscheidungen akzeptiert werden. Auch von mächtigen Konzernen. Auch von den Parteien“, so Christina Friedrich.
Halte sich die „Erdwärme“ nicht an übliche demokratische Gepflogenheiten, werde sie weiterhin mit einer hochmotivierten Gegnerschaft zu tun haben. Waghäusel werde etwa in Demonstrationen und Kundgebungen, Flyern und Plakaten den Protest auf Dauer zum Ausdruck bringen. Dann könne die Erdwärme überlegen, ob sie nach dem Motto verfahren will: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.“

Autor:

Werner Schmidhuber aus Waghäusel

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