Fünf Lehrer und zwanzig Klassen an der Schillerschule
Aus dem Schultagebuch von Karl Meißner (Teil 1)

Karl Meißner an seinem Lieblingsinstrument, der Orgel. | Foto: Markus Pacher
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Von Markus Pacher

Haßloch. Ein wenig erinnert die momentane schulische Situation an die schweren Nachkriegsjahre, als Deutschland in Schutt und Asche lag und es an Lehrern und Unterrichtsmaterial mangelte. Der aus Glanbrücken bei Lauterecken stammende Lehrer Karl Meißner, Jahrgang 1904, erzählt in seinem Schultagebuch von seinen Haßlocher Jahren: Zwischen 1946 und 1949 unterrichtete mein Großvater an der Schillerschule. In loser Folge möchte das Wochenblatt heimatinteressierten Leserinnen und Lesern an den damaligen Erlebnissen und Erfahrungen von Karl Meißner teilhaben lassen und mit ihm in eine Zeit der Entbehrungen eintauchen, an die sich vielleicht noch mancher Haßlocher erinnert. Karl Meißner wurde zum 1. April 1946 von der Katholischen Volksschule in Hambach an die Schillerschule versetzt. Aber lassen wir ihn selbst zu Wort kommen.

Am 1. April 1946 trete ich die Fahrt nach Haßloch mit einem der noch verkehrenden Güterzüge, die Personen befördern, an. Wie die Heringe stehen die Reisenden eng zusammengedrängt neben- und hintereinander. Ich habe Mühe, beim Aussteigen aus dem Gedränge hinauszukommen. Die schulischen Verhältnisse in Haßloch sind katastrophal. Eine Handvoll Lehrer soll rund zwanzig Klassen unterrichten. Ich bekomme gleich vier aufgebürdet, die ich im Wechsel von je zweieinhalb Stunden zu betreuen habe.
Zwei Jahrgänge müssen immer einen Tag aussetzen. Es müsste nicht sein. In dem Großdorf leben ein Zahl von suspendierten und entlassenen Kollegen und Kolleginnen, die irgendwo eine unbedeutende und unbefriedigende Arbeit verrichten. Nur tropfenweise kehren sie in die Schule zurück.
Es dauert mehrere Wochen, bis sich die Zahl unserer Klassen auf drei und schließlich nach Monaten auf zwei reduziert. Schulleiter ist ein Herr Heimberger, der im Dritten Reich Ortskulturwart war und kurz die „Ortskuh“ genannt wurde. Er gibt sich den Anschein eines beflissenen Goethekenners, ruft uns zuweilen ins Schulleiterzimmer, um einen Vers vorzulesen. Aber wem steht schon der Sinn danach. Er selbst unterrichtet eine einzige Klasse und zwar nur zweieinhalb Stunden am Vormittag - damit sie gegenüber den anderen nicht in Vorteil kommen…
Drei Schulhäuser stehen zur Verfügung, viele Säle, viele Klassen und wenig Lehrer. Da sind die Brüder Heinrich und Fritz. Sie wurden aus verschiedenen Gründen früher entnazifiziert, wie es so schein heißt, und kamen darum eher in den Dienst. Heinrich spielt in einer der evangelischen Kirchen schon seit Jahren die Orgel, Fritz war zuletzt in der Gemeindeverwaltung als Schreiber tätig. Wir unterhalten uns darüber, wie wir als Lehrer immer mit den Problemen unserer Schule beschäftigt sind und dass sich kein rechter Erzieher mit seinen Gedanken davon lösen kann. „Ja, da war auf dem Amt anders“, wirft Fritz ein.
„Wenn wir am Abend den Name des Dorfes zu schreiben hatten, da genügte es, wenn ich bei Haß- die Feder niederlegte und am nächsten Morgen das –loch dransetzte.“ Wir lachten über den gelungenen Vergleich. Ich erinnere mich auch gerne an die Hilfsbereitschaft, als er mir bei einem Bauer einen Sack Rosenkohl vermittelt. Als rechter Pechvogel schlägt er sich beim Holzhacken, wie er selbst erzählt, den linken Zeigefinger ab. pac

Fortsetzung folgt

Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

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