Viel Bürgerfrust bei Informationsveranstaltung zu Elisabethenwört
Die Fronten waren, sind und bleiben verhärtet

Bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt war die Pfinzhalle in Rußheim bei der Bürgerinformation zum Rückhalteraum Elisabethenwört | Foto: Heike Schwitalla
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Dettenheim. Die Ausgangslage war seit langem klar: Das Land - vertreten durch das Regierungspräsidium Karlsruhe - will zum Schutz vor Hochwasser eine Dammrückverlegung, um rund um die Insel Elisabethenwört einen natürlichen Flutraum zu schaffen. Die Bürger und Kommunalpolitiker befürworten die Errichtung eines Polders - ohne ökologische Flutungen.

Forderungen der Bürger sind nicht realistisch

Das sei aber allein aus rechtlichen Gründen nicht möglich, so die Meinung im Regierungspräsidium. Und da zwischen einem Polder mit ökologischen Flutungen und einer Dammrückverlegung kaum Unterschiede bestünden, was den Hochwasserschutz betrifft, habe man sich für die Variante entschieden, die zum einen kostengünstiger und zum anderen mit wesentlich weniger Eingriffen und Beeinträchtigungen für die Bevölkerung verbunden wäre. 
Diese Bevölkerung aber möchte das, was die Betroffenen als "richtigen Hochwasserschutz" ansehen, nämlich einen Polder. Man fühlt sich als "Bürger zweiter Klasse", weil eben solch ein Polder in Rappenwört bei Karlsruhe gebaut wird, für Dettenheim aber nicht in Frage kommt.
"Man muss einfach bedenken, dass wir bei Elisabethenwört das im "Integrierten Rheinprogramm - IRP" vereinbarte Soll auch mit der kleinen Dammrückverlegung erreichen, daher brauchen wir dort keinen Polder", erklärte Armin Stelzer vom Regierungspräsidium im Rahmen der Bürgerinformation am vergangenen Donnerstag in der Rußheimer Pfinzhalle. Die war bis auf den letzten Platz gefüllt, das Interesse war riesig, die aggressive Spannung von Anfang an zu spüren.

Diplomatie Fehlanzeige

Schon Dettenheims Bürgermeisterin Ute Göbelbecker machte in ihrer Begrüßung klar, dass der Frust und die Wut auf die Landesbeamten riesig sind. "Die Würfel sind gefallen", sagte sie "Es wird hier heute keinen Dialog mehr geben, das ist ein einseitiger Prozess, bei dem wir nur noch passiv beteiligt sind." Es werde auch an diesem Abend nur die alt bekannten immer gleichen Antworten geben, mutmaßte sie und schürte damit den Unmut der anwesenden Bürger noch weiter.
Auch die Kommunalpolitik befürwortet die Polderlösung ohne ökologische Flutungen, zweifelt die rechtlichen Bedenken des Regierungspräsidiums an. Die kleine Dammrückverlegung sieht man in Dettenheim und Philippsburg nicht als Kompromiss sondern als Niederlage an. Die Natur auf Elisabethenwört werde zerstört, man verliere einen Naherholungsraum, die Gefahr von Vermüllung und chemischen Verunreinigungen sei zu groß, ebenso wie die Gefahr feuchter Keller durch Veränderungen im Grundwasserspiegel und die einer wachsenden Schnakenplage - außerdem sei eine Rückverlegung eben nicht der bestmögliche Schutz für die Bevölkerung in Dettenheim, Philippsburg und Oberhausen-Rheinhausen.

Verzweifelte Appelle an Vernunft und Kompromissbereitschaft

Da war es eigentlich auch schon egal, welche Gegenargumente die Experten und Planer aus dem Regierungspräsidium vorbrachten, die Fronten waren, sind und bleiben verhärtet.
Auch die ortsansässigen Naturschützer des BUND können dem Frust nicht entgegenwirken. "Wir haben doch alle die guten Beispiele gemeinsam besucht und gesehen, dass es funktioniert", versuchte Hartmut Weinrebe, BUND-Regionalgeschäftsführer, dem Unmut der Bürger entgegenzuwirken. Buhrufe und Beschimpfungen musste er sich gefallen lassen - vorab hatten die Naturschützer in einer Stellungnahme bereits eindeutig Position bezogen: "Für die Naturschutzverbände BUND, LNV und NABU stellt die vom Land geplante Vorzugsvariante 'Kleine Dammrückverlegung' einen Kompromiss dar, der auf Elisabethenwört bestmöglich dazu beiträgt, den naturverträglichen Hochwasserschutz voran zu bringen. In Bezug auf die Wiederherstellung naturnaher Auen mit ihrer Funktion als Biodiversitäts-Hotspot und für den natürlichen Hochwasserschutz ist diese kleine Lösung jedoch nur als ein kleiner Baustein zu sehen, dem am Oberrhein große weitere Flächen folgen müssen."

Gelbe Westen und lauter Protest

Der Protest der Bürger war gut vorbereitet. Symbolisch zogen einige mitgebrachte "Gelbwesten" über, um ihre Haltung zu verdeutlichen. Viele Zuschauer hatten ihre eigenen schriftlichen Stellungnahmen vorbereitet, um diese in den Fragerunden vorzutragen. Dialog gab es daher nur wenig, die Fronten verhärtet wie eh und je.
Die Vermehrung der Schnaken bleibe kontrollierbar, die Keller werden durch verschiedene bauliche Maßnahmen dauerhaft vor Wassereinbrüchen geschützt, die Insel bleibt weiter zugänglich, man gehe von weniger als 50 Flutungstagen im Jahr aus, die Hauptachsen durch das natürliche Flutungsgebiet  blieben sogar an rund 340 Tagen im Jahr begehbar. Schluten und Gräben sorgen für den zügigen Abfluss des Wassers, eine Flutmulde soll jeweils im Süden und Norden des Geländes geschaffen werden.
Das alles macht Sinn und klingt vernünftig, zumal die baulichen Eingriffe in die Natur bei einer Rückverlegung des Dammes minimal wären, bei einem Polder wesentlich höher.  Und auch die Kostenfrage spricht für sich: Bei fast gleicher Wirkung würde eine Dammrückverlegung rund 90 Millionen Euro kosten, ein Polder jedoch 120 Millionen. Und auch wenn das kein ausschlaggebendes Kriterium gewesen sei, wie Armin Stelzer betonte, sei es doch auch ein positiver Effekt. Am Ende brauche man bei Elisabethenwört für einen wirksamen Hochwasserschutz im Rahmen des IRP einfach keine größere Maßnahme, außerdem sei die Rückverlegung auch Mensch und Natur die beste Lösung, ist sich das Land sicher und wird diese Variante zur Not auch gegen die Kommunalpolitik und gegen den Willen der Bürger weiter verfolgen.

Bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt war die Pfinzhalle in Rußheim bei der Bürgerinformation zum Rückhalteraum Elisabethenwört | Foto: Heike Schwitalla
Um ihren Protest gegen die Haltung des Regierungspräsidiums zu demonstrieren, packten einige Bürger während der Veranstaltung gelbe Sicherheitswesten als Zeichen ihres Unmutes aus.  | Foto: Heike Schwitalla
Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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