Gründung vor 50 Jahren – Anfangs großes Misstrauen
Arbeit der Lernstube verbessert Ohmbach-Image

Ein Bild aus „alten Tagen“: Die Aufnahme zeigt das erste „Lernstuben-Heisel“, in dem 1972 der Betrieb startete.  Foto: Kling-Kimmle
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  • Ein Bild aus „alten Tagen“: Die Aufnahme zeigt das erste „Lernstuben-Heisel“, in dem 1972 der Betrieb startete. Foto: Kling-Kimmle
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von andrea katharina kling-kimmle

Pirmasens. „Die Ohmbach ist längst kein sozialer Brennpunkt mehr, unsere Arbeit hat zu einer positiven Entwicklung beigetragen“, sagt Adelheid Theisinger, Diplom-Sozialpädagogin und Leiterin der Lern- und Spielstube am Asternweg, die ihr 50-jähriges Bestehen feiern kann. Allerdings ärgert sie sich, dass dieses Vorurteil noch in vielen Köpfen verankert sei.

Im Januar 1972 wurde auf Initiative eines „sozialpolitischen Arbeitskreises“ von Ehrenamtlichen in der katholischen Christ-König-Gemeinde im Pirmasenser Stadtteil Ohmbach die erste Lernstube in der Südwestpfalz eröffnet. Auch Gläubige der evangelischen Mattäus-Gemeinde und Mitglieder des Frauenrings kamen hinzu. Um Zuschüsse für die Einrichtung zu erhalten, wurde auf Anraten des damaligen Oberbürgermeisters Karl Rheinwalt Ende 1972 die Fördergemeinschaft Ohmbach e. V. ins Leben gerufen.
Der Anfang war gemacht, doch das Misstrauen der Bewohner war damals groß. Man schreckte nicht mal davor zurück, einen Brand in dem Gebäude zu legen. „Die Akzeptanz in der Bevölkerung musste erst erarbeitet werden“, erklärt Adelheid Theisinger, die bereits seit über 35 Jahren in dieser Lernstube tätig ist. Doch das Engagement bewirkte im Laufe der Jahre einen Wandel in diesem „verrufenen“ Stadtteil. Hier wohnten viele kinderreiche Familien, die von Sozialhilfe lebten. Unter diesen Bedingungen litt insbesondere der Nachwuchs. Es gab zahlreiche schulische Probleme. Heute hat sich die Situation um 180 Grad gedreht: „Die Eltern sind sich ihrer Aufgaben bewusst und kümmern sich um den Nachwuchs. Kein Kind ist in einer stationären Einrichtung untergebracht“. Wie die Diplom-Sozialpädagogin stolz berichtet, sind die Bewohner der Ohmbach in der Regel berufstätig. Nach und nach hätte man auch die Häuser in Eigenleistung auf Vordermann gebracht und Grünflächen angelegt. Im Gegensatz zu den Gründerjahren schätzt man die Arbeit der Lern- und Spielstube – insbesondere die Hausaufgabenbetreuung, das gemeinsame Kochen oder auch die Freizeitaktivitäten und Feste. „Wir sind zum kulturellen Mittelpunkt geworden“, freut sich die Leiterin und betont „es ist uns nichts zu viel“.
Das zeigt sich insbesondere am Kontakt zu den „Ehemaligen“. So habe eine Mutter, die bereits unter der Leitung von Adelheid Theisinger die Einrichtung besucht und schätzen gelernt hat, ihre Tochter angemeldet mit den Worten: „Wenn jemand ihr helfen kann, dann ihr“. Auch ein Mann, der sich nach 30 Jahren wieder gemeldet hat, suchte den Rat seiner ehemaligen Betreuerin: „Er wollte, dass ich ihn bei der Erstbegehung eines Hauses, das er mieten wollte, begleite“. Solche Begebenheiten „bauen mich richtig auf“, so Adelheid Theisinger.
Es ist eine gute Mischung, die hier angeboten wird. Wie der Name Lern- und Spielstube schon sagt, werden die Kinder bei der Erledigung ihrer Hausaufgaben betreut, danach bietet das vier-köpfige Team aus drei Hauptamtlichen und einem Auszubildenden facettenreiche Freizeitgestaltungen an. Dazu zählen Fußball- und Tanz-AG, Toben auf dem eigenen Spielplatz oder auch Bastelaktionen. „Im Sommer mieten wir ein Haus auf der Langmühle, wo einige Tage lang Familienleben angesagt ist oder wir unternehmen Ausflüge etwa ins Sealife in Speyer oder auf den Trifels“, erzählt Adelheid Theisinger. Außerdem stehen gemeinsame Feste mit den Eltern sowie ein regelmäßiges Ehemaligen-Treffen auf dem Programm. Die Diplom-Sozialpädagogin, für die schon frühzeitig feststand „ich will Menschen helfen“, führt die Einrichtung mit viel Einfühlungsvermögen. „Ich bin sehr konsequent, wenn es erforderlich ist“, stellt sie klar.
Doch das Wohl der Kinder steht bei ihr im Vordergrund. Leider erschwert die Corona-Pandemie seit zwei Jahren diese Arbeit, viele Veranstaltungen mussten ausfallen. Doch die Leiterin hat von Anfang an die These vertreten: „Was machbar ist, machen wir“. So läuft der Betrieb in der Lernstube Ohmbach „trotz Covid-19 ganz entspannt“. Man habe im März 2020 die Öffnungszeiten verändert, so dass nicht immer alle 30 Kinder auf einmal anwesend sind. Außerdem sorgen transportable Luftfilter und geöffnete Fenster für ein gesundes Raumklima. Die Jungen und Mädchen seien sehr diszipliniert, tragen Masken und waschen sich gleich am Anfang die Hände. Während die Betreuer in den kühlen Räumlichkeiten frieren, „sind unsere Kinder hart im Nehmen“, lobt die Einrichtungsleiterin und ergänzt: „Wenn es nicht gerade tote Hunde regnet wollen sie raus auf den Spielplatz.“ Sie habe das Gefühl, dass der Nachwuchs die derzeitig Situation eher akzeptiert, als die Erwachsenen.
Wie hoch das Engagement des Lernstuben-Teams auch in der Öffentlichkeit geschätzt wird, zeigt unter anderem die Verleihung des Diakoniepreises 2012 in Mainz. In seiner Ansprache sagte Helmut Simon, ehemaliger Bundesverfassungsrichter und früherer Kirchentagspräsident: „Ihre Arbeit ist die beste Antwort auf den Raubtier-Kapitalismus unserer Tage. Ihnen gehört die Zukunft“.
Vor 50 Jahren gegründet war die Lern- und Spielstube Ohmbach nach den Worten von Adelheid Theisinger ein „Pionierprojekt“. Die Einrichtung in privater Trägerschaft der Fördergemeinschaft unter ihrem langjährigen Vorsitzenden Gerhard Heil sei deshalb auch Vorbild gewesen bei der Gründung weiterer Lernstuben in Pirmasens. Finanziert wird das Projekt durch die Stadt, die für die Nebenkosten und 60 Prozent der Löhne aufkommt. 40 Prozent schießt das Land zu. Ansonsten erhält die Einrichtung für ihre ausgezeichnete Jugendarbeit viele Spenden.
Im Gespräch mit Wochenblatt-Redakteurin Andrea Kling-Kimmle macht Adelheid Theisinger aber klar, dass diese Aufgabe nur mit Unterstützung des Trägers und dem Einsatz ihres engagierten Teams gut zu meistern sei: „Deshalb möchte ich an dieser Stelle meine Mitarbeiter ausdrücklich loben“. ak

Autor:

Andrea Kling aus Pirmasens

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