Mord im Rülzheimer Wald
Gespaltener Schädel
Mord. Wo heute das Dieterskirchel bei Rülzheim steht, wurde vor 1350 Jahren der heilige Theodard ermordet, der damals Bischof von Maastricht war.
Als plötzlich „wilde Horden“ aus dem „Dickicht des Waldes“ hervorbrachen, flüchteten alle seine Begleiter, bis auf einen. Bischof Theodard von Maastricht lieferte sich mit den Angreifern ein hitziges Wortgefecht, doch schließlich töteten sie den Geistlichen „durch Spaltung seines Hauptes“. So berichtet es der anonyme Verfasser der Lebensgeschichte des „heiligen Theodard“, der im Rülzheimer Wald zwischen Rülzheim und Rheinzabern am 4. oder 10. September im Jahr 671 oder 672 getötet wurde. An Ort und Stelle sei er begraben und das Dieterskirchel errichtet worden. In einer Gottesdienstordnung aus dem Winter 1946/47 hat der Religionshistoriker und Geistliche Rat Adam Fath zusammengetragen, was man über den heiligen Theodard und das Dieterskirchel weiß, die uns der emeritierte Germanistikprofessor Rudolf Kern aus Rülzheim zugänglich machte, der plant, ein Buch mit den historischen Quellen zum heiligen Theodard auf Deutsch herauszugeben.
Die Legende vom heiligen Theodard
Der mutige Begleiter von Theodard eilte in das nahe Rülzheim, da er etwas suchte, um den gespaltenen Schädel des Bischofs zusammenzuhalten, so die Legende. Er traf auf eine Schäferin, die Fäden spann, während sie die Schafe hütete. Doch sie wollte ihm zunächst keinen Faden geben, da sie die Strafe ihrer Herrin fürchtete, wenn sie nicht alle Fäden nach Hause bringt. Schließlich gab sie doch den Faden. Am Abend bekam sie dann tatsächlich großen Ärger, und als die Herrin die Schäferin sogar schlug, erblindete die brutale Frau plötzlich. Als die Herrin aber zu dem ermordeten Bischof kam und die Schläge gegen die Schäferin bereute, konnte sie plötzlich wieder sehen, so die Legende. Aus Dankbarkeit organisierte die Herrin ein feierliches Begräbnis für Theodard.
Die einzig gesicherte Tatsache scheint die Ermordung des Bischofs Theodard von Maastricht. Und auch der Tatort ist nach den Forschungen von Fath sehr wahrscheinlich am Dieterskirchel bei Rülzheim. In der Lebensgeschichte des Theodard, die erst rund 250 Jahre nach seiner Ermordung von einem unbekannten Verfasser aufgezeichnet wurde, ist der Ort „an den Grenzen des Elsass“ beschrieben, spätere Bearbeitungen sprechen vom „Bienwad, nicht weit entfernt von Speyer“, so der Religionshistoriker. Da aber der Name „Theodard“ als eine Vorform des heutigen Namens „Dieter“ gilt, ist es sehr wahrscheinlich, dass das Dieterskirchel tatsächlich die erste Grabstätte Theodards an der Todesstelle ist. Später wurde der Leichnam von Theodards Amts-Nachfolger und Schüler, dem heiligen Lambertus, nach Lüttich gebracht.
Vielfältige Beziehungen zum Kloster Weißenburg
Fath vermutet wegen des Namens, dass Theodard dem Geschlecht des fränkischen Herzogs Theotar entstammt, das vielfältige Beziehungen zum Kloster Weißenburg unterhielt und es maßgeblich förderte. Diese Vermutung wird von der Tatsache gestützt, dass der heilige Theodard im Kloster Weißenburg besondere Verehrung erlebte, wie ein altes Verzeichnis der Heiligen belegt. Warum sonst sollte ein Bischof aus dem fernen Maastricht im Kloster Weißenburg solch eine Verehrung zu teil werden?
Das Motiv der Ermordung freilich bleibt im Dunkeln. Der Verfasser der Lebensgeschichte des Heiligen Theodard schreibt, er sei unterwegs zum König Childerich II. gewesen, um für seine kirchlichen Güter um Schutz zu ersuchen. Diese waren in dieser Zeit häufig Angriffen lokaler Fürsten ausgesetzt. Haben Auftragsmörder im Namen der regionalen Fürsten Theodard umgebracht? Gab es andere politische Motive? Oder waren die Mörder einfach nur gewöhnliche Räuber? Der Weg zum König in Metz über Rülzheim wäre allerdings ein großer Umweg. Wahrscheinlicher scheint ein Besuch im gerade erst gegründeten Kloster Weißenburg. Vieles im Leben des heiligen Bischofs bleibt im Dunkel der Vergangenheit. [rko]
Autor:Dehäm Magazin aus Ludwigshafen | |
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