Die Reservistenkameradschaft Ramstein-Landstuhl kocht im Ahrtal

Zu Beginn im Lkw, später in der Großküche: Das Team von Bernd Habermann kochte über 1.000 warme Mahlzeiten am Tag | Foto: Bernd Habermann
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  • Zu Beginn im Lkw, später in der Großküche: Das Team von Bernd Habermann kochte über 1.000 warme Mahlzeiten am Tag
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Ramstein-Miesenbach/Landstuhl. „Einige Straßen sind inzwischen neu geteert, vieles ist wieder aufgebaut, aber von der Normalität ist man in den meisten Orten noch weit entfernt“, erzählt Bernd Habermann. Mit der Reservistenkameradschaft Ramstein-Landstuhl fährt er regelmäßig ins Ahrtal. Dort kochen sie gemeinsam mit vielen anderen Ehrenamtlichen von nah und fern für die Helfer im Katastrophengebiet. „Viele von uns haben ihren Jahresurlaub und ihre Freizeit dort verbracht“, sagt er.

Von Tim Altschuck

Der erste Einsatz

Angefangen habe der Einsatz für Bernd Habermann Anfang September. Es wurden Helfer in den Küchen gebraucht. „Der erste Kocheinsatz in Sinzig-Löhnsdorf begann sehr abenteuerlich“, erzählt er. „Da stand zwar ein Lkw samt Küche, aber ohne Strom und Wasser.“ Dieser Lkw stand auf dem Futterspendenhof. An diesem Tag kamen Landwirte aus ganz Deutschland mit ihren Treckern und brachten Futterspenden. „Diese Hilfsbereitschaft der Menschen vor Ort – das war der Wahnsinn. Die Landwirte sind teilweise 14 Stunden gefahren, um die Spende zu bringen“, zeigt sich Habermann noch immer beeindruckt. Im ersten Einsatz wurde Abendessen und Frühstück für die Helfer zubereitet. Ab dann steigerte sich die Anzahl: „Wir bereiten inzwischen 1.055 warme Mittagessen im Küchen-Lkw zu plus einige hundert kalte Abendessen.“

Beklemmende Eindrücke

Von da an ging es für die ehrenamtlichen Helfer aus der Westpfalz Woche für Woche ins Krisengebiet. Immer mehr Helfer fanden sich ein. Sowohl gelernte Köche als auch viele andere Helfer. Die Eindrücke, die sie sammelten, waren beklemmend: „Das Essen wurde von Sinzig aus ja ins Tal gebracht und an die Ausgabestellen geliefert. Da sah man selbst Monate danach noch das ganze Ausmaß der Katastrophe.“ Der Raum, in den die Menschen zum Essen kommen, sei geheizt. Alle anderen Räumlichkeiten – selbst die Küche – haben weder warmes Wasser noch eine Heizung. „Es gibt Stunden, da ist einfach kein Strom da“, zeigt Habermann die Normalität im Ahrtal auf. Selbst die ganz einfachen Dinge fehlen teilweise noch. Das erschwert natürlich auch die Lebensmittelbeschaffung, denn oftmals müsse man weite Strecken fahren, um alles einzukaufen.

Große Spendenbereitschaft

Mayschoß war der nächste Einsatzort. Im schwer getroffenen Ort gebe es inzwischen wieder eine Bäckerei. Sie soll unterstützt und Waren dort besorgt werden. „Ein Zerlegebetrieb aus Offenbach-Hundheim hat uns dort sehr geholfen und einen Kühlwagen zur Verfügung gestellt. Außerdem hat uns der Betrieb auch mit Fleisch versorgt“, erzählt Bernd Habermann. Überhaupt, die Spendenbereitschaft sei nach wie vor groß. „Wir bedanken uns bei allen Unterstützern sowie bei Bürgermeister Ralf Hechler und dem Landtagsabgeordneten Marcus Klein.“ Denn alles, was gespendet wurde, werde direkt weiterverwendet. „Jeder Cent wird für die Leute dort ausgegeben.“ Die Spenden kommen dabei nicht nur aus der direkten Umgebung in Ramstein oder Landstuhl. Als die Helfer vor kurzem erst wieder ins Ahrtal fuhren, konnten sie auf Spenden der Landfrauen aus Gangloff bei Meisenheim zählen. Sie spendeten den Erlös des Verkaufs von Knödeln in Specksoße. Am vergangenen Wochenende gab es das bei den Reservisten in Ramstein.

„Plötzlich fällt dir jemand dankend um den Hals“

Die Arbeit in der Küche sei anstrengend, denn morgens um 5 Uhr geht es los. „Wir bereiten das Frühstück vor. Das holen sich die Leute ab 8 Uhr ab“, erklärt Bernd Habermann. In der Zwischenzeit werde der Mittagstisch vorbereitet und bis abends alles fertig ist, werde gut und gerne bis 22 Uhr gearbeitet. Danach sitzen die Helfer aber noch zusammen und es wird miteinander geredet, denn: „Auch wir Helfer müssen über das Erlebte reden.“ Es gebe sehr viele Eindrücke, auf die man sich nicht immer vorbereiten könne, deshalb müsse das anschließend verarbeitet werden, erklärt der ehrenamtliche Drogen- und Suchtbeauftragte. „Plötzlich fällt dir jemand dankend um den Hals, weil er oder sie eine warme Mahlzeit bekommen hat. Das ist nichts, was man im ‚normalen‘ Leben zuhause erlebt“, sagt er.

Schöne Erlebnisse gibt es auch

So schlimm die Situation auch ist, so schön seien manche Erlebnisse auf der anderen Seite auch. „Die Dankbarkeit, das Miteinander und gegenseitige Helfen der Menschen, egal woher sie sind, das ist schon einmalig“, findet Bernd Habermann. Besonders erinnert er sich an ein Erlebnis: „Das Essen wurde von 400 auf über 1.000 aufgestockt. Deshalb wollten wir an diesem Tag etwas kochen, das schnell geht: Bratwurst, Kartoffelbrei und Sauerkraut. Woher hätten wir aber so viele Würstchen bekommen sollen? Also haben wir schon angefangen umzuplanen.“ Plötzlich habe ein uralter VW-Golf mit zwei Jugendlichen dagestanden, die 15.000 Bratwürste brachten. „Das hat mein Bild der Jugend verändert. Von wegen die machen nichts mehr. Dort oben helfen so viele junge Menschen, das hat sich bei mir eingeprägt“, erzählt er beeindruckt. Am 24. Februar geht es für ihn und viele weitere Helfer wieder dorthin, denn benötigt werden sie wohl noch lange.

Weitere Informationen:
Die Reservistenkameradschaft Ramstein-Miesenbach freut sich wieder über Kuchenspenden. Am 23. Februar können die Kuchen an der Halle der Reservisten in der Talstraße abgegeben werden. Sie werden den Betroffenen im Ahrtal mitgebracht.

Ohne Ehrenamt geht’s nicht

Kommentar von Tim Altschuck

Als das Ahrtal im Sommer vergangenen Jahres von der Flutkatastrophe heimgesucht wurde, konnten sich die Betroffenen auf viele Helfer verlassen: Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei, THW oder Bundeswehr leisteten Arbeit am Rande des physisch, vor allem aber des psychisch machbaren. Umso beeindruckender ist es, wie viele ehrenamtliche Helfer sich dort über Wochen und Monate einbrachten und immer noch einbringen. Ohne dieses Netzwerk aus vielen verschiedenen Helfern würde dort so manches sicherlich nicht funktionieren. Seien es Handwerker, die Betroffenen in ihren zerstörten Häusern beim Wiederaufbau helfen oder Köche, die dafür sorgen, dass es für alle eine warme Mahlzeit gibt. Es gibt so viele Möglichkeiten sich dort zu engagieren. Dass diese nach wie vor von unzähligen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern wahrgenommen werden, lässt uns zuversichtlich nach vorn blicken. Wenn es darauf ankommt, hält unsere Gesellschaft zusammen – und zwar über Grenzen hinweg.

Autor:

Tim Altschuck aus Kaiserslautern

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